Energieeffizient bauen
Dämmen oder nicht dämmen?
Diese Frage stellt sich schon lange nicht mehr. Wegen stetig steigender Energiepreise und der Notwendigkeit für Klima- und Umweltschutz kommt heute kein Bauherr mehr am Thema energie- und umweltbewusstem Bauen vorbei.
Dämmen ist eine Notwendigkeit für Klimaschutz und Energiekostensenkung. Zwei von drei Fassaden von Wohngebäuden sind schlecht oder gar nicht gedämmt. Mit einer wirksamen Wärmedämmung ließe sich doppelt so viel Energie einsparen, wie die Atomkraftwerke in Deutschland im Jahr 2012 produziert haben. Dämmen bildet somit einen zentralen Baustein für die Energiewende. Denn am ökologischsten ist es immer noch, Energie gar nicht erst zu verbrauchen.
Wärmebildaufnahme bei fehlender energetischer Sanierung.
Im Neubau gelten strenge Maßstäbe, die zu erfüllen sind und aktuell durch die EnEV 2014 neu geregelt wurden. Beim Altbau gibt es Vorgaben, die durch den Energieausweis bei Vermietung und Verkauf dokumentiert sind. Es liegt aber in der Hand des Eigentümers, den Umfang der energetischen Sanierung zu bestimmen, vor allem bei Eigennutzung. Anders beim Neubau: Im Jahr 2030 wird das Niedrigenergiehaus Standard sein. Daher ergibt es keinen Sinn, heute nach einem Standard zu bauen, der bald schon nicht mehr aktuell ist, denn sonst verliert das Haus rapide an Wert. Besser ist, gleich auf diesem zukünftigen Niveau zu planen.
Das Regelwerk ist aber nicht ein erneutes Beispiel gesteigerter Regulierungswut, es ist ökologisch tatsächlich sinnvoll: Ein ungedämmter Altbau verbraucht rund 28 Liter Heizöl pro Quadratmeter im Jahr, ein Niedrigenergiehaus nur 3 bis 7 Liter pro Quadratmeter im Jahr.
Der Nutzen und die Wirkung von Wärmedämmungen werden immer wieder kritisch diskutiert. Klar sollte sein: Eine Dämmung ist nur so gut wie ihre Planung und Ausführung. Wer bei der Sanierung in Do-it-yourself-Manier ohne Plan aktiv wird, kann viel falsch machen und sich somit um die Einspar-Resultate bringen. Im schlimmsten Fall ruft man sogar schwerwiegende Bauschäden hervor.
Der erste Weg sollte daher stets zu einem unabhängigen, zertifizierten Energieberater führen. Wichtig: Achten Sie darauf, dass Sie einen neutralen Energieberater beauftragen, denn der Begriff „Energieberater“ ist nicht geschützt. Unabhängige und garantiert neutrale, zertifizierte Energieberater finden Sie zum Beispiel in der Datenbank des deutschen Energieberaternetzwerkes. Die Mitglieder beziehen bei Ihrer Tätigkeit keinerlei Provisionen oder sonstige zweckgebundene Zuwendungen von Herstellern, Handwerkern oder Händlern.
Der Energieberater analysiert sinnvolle energetische Sanierungsmaßnahmen unter Berücksichtigung von ökonomischen und ökologischen Aspekten. Zudem berät er neutral bei der Auswahl des geeigneten Dämmstoffes. Eine Vor-Ort-Beratung der in dieser Datenbank gelisteten Berater wird auch mit BAFA-Mitteln gefördert.
Wer sich schlau macht, wird feststellen: Vieles, was an Kritik mit der Wärmedämmung in Verbindung gebracht wird, gehört ins Land der Märchen und Mythen. Bei den Ausgaben werden oft Kosten dazugerechnet, die auch ohne energetische Maßnahmen angefallen wären, wie beispielsweise eine fällige Erneuerung des Hausputzes. Damit fallen die energetischen Kosten um bis zu 2/3 höher aus, als sie tatsächlich sind. Die Fakten sprechen für sich:
- Die TU Darmstadt ermittelte, dass Hausbesitzer durch Dämmen eine Eigenkapitalrendite von 3,35 bis 4,75 Prozent bis 2050 erzielen können – weit mehr als auf jedem Sparbuch derzeit.
- Untersuchungen der dena und des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU) zeigen: Sanierungskosten amortisieren (= ausgleichen) sich je nach Ausgangsbedingungen zwischen 4 und 15 Jahren.
- Der „Trendreport Energie“ hat 1,2 Millionen Gebäudedaten ausgewertet und festgestellt: Bei sanierten Gebäuden ist der Energieverbrauch um durchschnittlich 52 Prozent gesunken.
Die Zeitschrift Öko Test kam in Ihrer Spezialausgabe Energie 2013 zu dem Ergebnis, dass mit energetischer Sanierung volkswirtschaftlich bis zu 100 Milliarden Euro eingespart werden können. Auch die Vermeidung von Umweltschädigung und kriegstreibender Wirkung des Gas- und Ölverbrauches sei nicht zu vergessen. Aber auch für Mieter und Hauseigentümer rechne sich die Investition in überschaubaren Zeiträumen, so Öko Test. Vor dem Hintergrund unaufhaltsam steigender Energiepreise wird dies immer lohnender. Ungedämmt würde man neu gar nicht mehr bauen.
Dennoch bestehen immer wieder Vorurteile rund ums Dämmen – hier die Fakten dazu:
Dämmen lohnt sich
Wärmebildaufnahme nach energieeffizienter Sanierung.
Energie und Kosten spart eine Dämmung immer, auch wenn es einige "Experten" gibt, die das anzweifeln. Diese sagen, dass die Außendämmung die Sonnenwärme abhält, die auch im Winter auf das Gebäude trifft. Das stimmt zwar, doch wiegt die Ersparnis mehr durch die geringeren Wärmeverluste besonders nachts und auf den der Sonne abgewandten Gebäudeseiten. Somit ist der vorgeworfene Effekt zu vernachlässigen.
Wie hoch die Einsparungen sind, hängt natürlich vom Ausgangszustand des Hauses ab. Das Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt hat anhand von Musterhäusern gerechnet. Hier ein Beispiel: Der Eigentümer des Muster-Einfamilienhauses Baujahr 1969 müsste 80.412 Euro investieren. Davon entfallen 48.439 Euro auf eine sowieso notwendige Instandsetzung und 31.973 Euro auf Dämmung und Modernisierung der Heizung. Sollten die Energiepreise in den kommenden 25 Jahren im Durchschnitt um nur drei Prozent jährlich steigen und sich damit mehr als verdoppeln, dann bliebe für den Eigenheimer ein Überschuss von 18.896 Euro. Das Dämmprojekt hätte sich nach elf Jahren amortisiert.
Bei einem Marktpreis von derzeit 68 Cent je Liter Heizöl bedeutet das eine Ersparnis von 2.652 Euro pro Jahr. Oder anders ausgedrückt: Der Eigenheimbesitzer hätte in elf Jahren fast 30.000 € verloren. Mittlerweile wachsen die Nebenkosten zu einer zweiten Miete an. Ein Sinken der Heizkosten ist nicht zu erwarten. Seit 1995 sind die Heizölpreise um 161 Prozent gestiegen, die Kosten für die Kaltmiete hingegen um 25 Prozent.
Das IWU errechnet anhand seiner Musterhäuser mit verschiedenen Ausgangszuständen eine Amortisationsdauer von 8 bis 14 Jahren. Aber auch hier sei gesagt: Es handelt sich um eine Komplettsanierung. Mit Teilsanierungsmaßnahmen kann man bereits in kürzester Zeit erheblich an Energiekosten sparen und den CO2-Ausstoß verringern.
Dämmen verringert Schimmelgefahr
Die renommierte Fachzeitschrift „Bild der Wissenschaft“schreibt dazu: „Das ist ein Mythos. Schimmel an Innenwänden entsteht, wenn sich Feuchtigkeit an der Oberfläche niederschlägt. Das passiert, wenn die Luft im Innenraum zu feucht oder die Wand zu kalt ist, oder beides. Eine gedämmte Wand ist innen jedoch weniger kalt als eine Ungedämmte. Daher ist die Gefahr von Schimmelbildung bei gedämmten Häusern nicht größer, sondern geringer.“
Tritt dennoch Schimmel auf, dann handelt es sich um eine fehlerhafte Ausführung. Wenden Sie sich in diesem Fall an den durchführenden Betrieb.
Wie ist es mit Rückbau und Entsorgung? Entstehen neue Müllberge?
Nein, das ist geregelt, auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, dass Verrottung die bessere Ökobilanz zur Folge hat. Schaum-Dämmstoffe verrotten aber nicht, denn gerade diese Unverrottbarkeit garantiert, dass die Langzeitfunktionsfähigkeit erhalten bleibt. In bestimmten Anwendungsbereichen, wie der Bodenplatte im Perimeterbereich, bei der Kellerdämmung oder auf dem Gründach, ist diese Eigenschaft unerlässlich. Verzichtet man hier auf extrudierte Schaumstoffe, dann ist eine schlechtere Ökobilanz des Hauses in Kauf zu nehmen, da es kaum Alternativen für diesen Bereich gibt. Zudem sorgt die Verottungsfestigkeit dafür, dass der Dämmstoff, im Gegensatz zu beispielsweise Naturdämmstoffen, eine Lebensdauer von weit über 50 Jahren besitzt. Die für die Herstellung des Dämmstoffes verwendete Energie hat sich nach einem Jahr amortisiert (positive Ökobilanz). Sie kann danach, insbesondere durch die hohe Lebensdauer, noch hunderte Male so viel an Energie einsparen. Die lange Lebensdauer ist somit ein ökologischer Aspekt.
Bei der Entsorgung ist Recycling nicht immer die beste Lösung. Oft ist es umweltfreundlicher, in Hinblick auf zum Beispiel Transportwege, das Material mit Energierückgewinnung zu verbrennen. Der Ascheanfall ist gering und die Asche ist biologisch abbaubar. Beim Verbrennen von XPS entstehen Rauchgase, die vergleichbar mit denen von Holz oder anderer organischer Stoffe sind. Schaumstoffe verbrennen rückstandslos und werden somit erneut einer energetischen Nutzung zugeführt. Dabei wird am Ende des Lebenszyklus so viel Energie für Heizwärme o.ä. erzeugt, wie bei der sofortigen energetischen Verwertung von Erdöl möglich gewesen wäre.
Dämmung erhöht nicht die Brandgefahr
Alle Dämmstoffe, die in Deutschland zum Einsatz kommen, sind nach sehr strengen Maßstäben brandschutzgetestet. Tatsache ist, dass von den 185.000 Hausbränden im Jahr, der Anteil, an denen Polystyrol beteiligt war, bei 0,0025% liegt. Und das ist kein Kommafehler. Berichte über angebliches Brandrisiko sind demnach reiner Unfug. Der Anteil ist verschwindend gering. Auf die hohen in Deutschland geltenden Gütekriterien und Prüfregularien kann man sich verlassen.
Für den umweltbewussten Bauherren gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten.
Ein wichtiger Tipp: Für energetische Sanierungen oder umweltfreundliche Neubauten gibt es verschiedene Fördertöpfe. Welche Mittel wo abrufbar sind, ist für den Laien kaum zu überblicken. Unterstützung bieten hier zertifizierte Energieberater. Hausbesitzer und angehende Bauherren können zudem mit dem Fördermittel-Check in wenigen Mausklicks ermitteln, welche Töpfe für sie in Frage kommen könnten. Zudem gibt es hier viele weitere Infos zum 1x1 des Dämmens und eine Bauherrenberatung durch den Architekten John Kosmalla.
Wer meint, nur eine aufwendige Komplettsanierung ergibt Sinn, irrt sich: Analysen durch einen Energieberater werden Ihnen aufzeigen, dass schon eine Teilsanierung messbaren Nutzen bringt. Dies gilt vor allem für Modernisierungen im Obergeschoss und im Keller. Über die Fassaden gehen 25 Prozent der vergeudeten Energie verloren. Hier ist die Sanierung aber auch recht arbeits- und kostenaufwendig. Sie lohnt sich daher nur, wenn ohnehin die Fassadensanierung des Hauses ansteht.
Laut Stiftung Ökotest sind das Dach oder die obere Geschossdecke, die Kellerdecke sowie Rollladenkästen und Fenster die größten Energielecks. Dämmt man diese, kann man aus einem Energiefresserhaus ein Energiesparhaus machen (Öko-Test 5/2014). Allein über Dach und Keller gehen nämlich 45 Prozent der vergeudeten Energie verloren. Eine Dämmung der oberen Geschossdecke ist in diesen Bereichen hingegen relativ einfach ohne Komplettsanierung und hohe Kosten durchzuführen.
Der Effekt ist enorm: Ein ungedämmter Dachboden verbraucht bis zu 12 Liter Heizöl pro Quadratmeter im Jahr. Allein durch eine leicht auszuführende Dämmung des Dachbodens kann dies auf 2 Liter reduziert werden.
Eine professionelle Sockeldämmung reduziert nicht nur den Energiebedarf, sondern verbessert auch das Wohnklima. Bei einer Sockeldämmung ist es erforderlich, die Dämmplatten etwa einen Meter unter der Höhe der Kellerdecke auf der Außenwand zu befestigen. Ein Teil liegt innerhalb des Erdreichs und verhindert Energieverluste, der andere Teil liegt oberhalb und kann einfach verputzt werden. Wichtig ist es hier, sich für einen Dämmstoff zu entscheiden, der unempfindlich gegen Feuchtigkeit ist, nicht verrottet und druckstabil ist, wie zum Beispiel extrudierter Schaumstoff (XPS). Ergänzend zu dieser Sockeldämmung ist es zudem sinnvoll, auch die Kellerdecke zu dämmen – insbesondere, wenn der Keller nicht beheizt wird. So dringt keine kalte Luft mehr nach oben.
Das Verlegen des Dämmstoffes auf den Boden ist eine kleine Maßnahme mit großer Wirkung.
Bei ungenutzten und ungedämmten Dächern genügt es bereits, den Dämmstoff einfach auf dem Boden zu verlegen – vorausgesetzt, er ist trittfest und druckbeständig. Der Dachboden ist weiter begehbar, und dennoch geht keine Wärmeenergie mehr verloren. Einfache Maßnahme, große Wirkung. So lässt sich auch die Dämmung der oberen Geschossdecke auf einen Nenner bringen. Ein Tipp dazu: Die neue EnEV 2014 sieht vor, dass die oberen Geschossdecken von Häusern, die vor 1983 errichtet wurden, gedämmt sein müssen. Ausnahmen bestehen lediglich bei einer Eigennutzung, aber auch hier bringt die eingesparte Energie durch eine Wärmedämmung bares Geld.