Gewerbe Trends
Jetzt lesen
Ein Mix aus sonnigem Büro und Villa Kunterbunt
Das junge Start-Up-Unternehmen Kirondo hat ein Zuhause gefunden: Vom fünften Stock eines ehemaligen Fabrikgebäudes aus schaut das Online-Versandhaus auf den Hauptbahnhof, das Poststadion und die Dächer von Moabit. Die Mitarbeiter beschäftigen sich mit dem Zweitvertrieb von Kindermode – im Sommer am liebsten auf der großen Terrasse, die die Mittagspause auch gern in Grill-Sessions verwandelt. Aber auch zu herbstlichen Temperaturen sind die Büros sehr einladend mit lichtdurchfluteten Räumen und Zimmernamen wie „Ideenwerkstatt“, „Aquarium“ oder „Fuchsbau“. Die moderne Einrichtung hat dabei ein liebvoll-verspieltes Flair durch kindliche Accessoires wie Kaugummispender, Seifenblasen maschinen und mit Kinderkleidung bestückten Wäscheleinen.
Kirondo ist ein Second-Hand-Kindermodeversand, das gebrauchte Kinderkleidung ankauft, über den Online-shop weiterverkauft fünf Prozenz pro verkauftem Kleidungsstück an einen von seinen derzeit sechs Partnern (u. a. WWF, Deutsches Kinderhilfswerk, Make A Wish Deutschland e.V.) spendet. Das Unternehmen wurde am 10. April 2013 gegründet und beschäftigt derzeit etwa 15 Mitarbeiter. Wir haben mit Christopher Deckert, Geschäftsführer und Gründungsmitglied von Kirondo, gesprochen. Später kam auch noch Michael Rüffer hinzu, der ebenfalls Geschäftsführer und Gründungsmitglied ist.
Hallo Christopher, vielen Dank für die Einladung. Wir freuen uns, dass wir hier sein dürfen. Bitte stelle dich unseren Lesern erst einmal vor:
Mein Name ist Christopher Deckert. Ich bin nach dem Studium nach Berlin gekommen, weil mich das Thema E-Commerce fasziniert. Ich fing bei Rocket Internet an (eine Beteiligungsgesellschaft, die verschiedene Startups unterstützt, Anm. d. Red.), die mich eine ganze Zeit bei deren Beteiligung Zalando einsetzten. Damals wurden die Pakete noch per Taxi zur Post gefahren – heute hat Zalando natürlich ganz andere Dimensionen erreicht. Danach bin ich noch knapp ein Jahr für Rocket um die Welt geflogen und habe für verschiedene E-Commerce Start-Ups gearbeitet. Während dieser Zeit habe ich mich langsam neu orientiert und kam mit Micha und Co in Kontakt, die gerade dabei waren, Kirondo zu gründen. Gerade wegen des Nachhaltigkeitsgedankens, der bei dem Modell eine ganz zentrale Rolle spielt, war ich sofort Feuer und Flamme und bin dann ins Gründungsteam eingestiegen.
Wie fängt euer Tag an?
Zwischen halb neun und halb zehn trudeln wir alle im Office ein. Um zehn Uhr starten wir dann mit einer Tasse Kaffee beim Teammeeting: dort besprechen wir gemeinsam, was am Vortag passiert ist und was für den laufenden Tag auf der Agenda steht.
Und wie kamt ihr auf den Namen?
Das „ki“ steht für „Kinder“, da wir ja Kinderkleidung verkaufen. Das „rondo“ kommt von „rotieren“ oder „kreiseln“, da die Kleidung weitergegeben wird.
Was war euch bei der Suche nach den Gewerberäumen wichtig?
Für uns war wichtig, dass unsere Büroräume für unsere Partner, die Verkäufer und unsere Mitarbeiter gut zu erreichen sind. Dann wollten wir viel Fläche für einen guten Quadratmeterpreis und es war uns wichtig, keine 08/15-Büroräume zu mieten. Mit den unterschiedlich gestalteten Räumen möchten wir eine gewisse Kreativität fördern. Unsere Mitarbeiter, die im Durchschnitt 25 Jahre jung sind, sollen das Gefühl haben, dass sie hier frei arbeiten können. Etwa die Hälfte der Fläche steht für jeden zur Verfügung. Davon sind zwei Räume „normale“ Büros und in weiteren zwei Räumen läuft unser Operations-Prozess ab - also den Wareneingang, das Fotografieren der Kleidung und das Lager.
Habt ihr mit Hilfe eines Maklers gesucht oder allein?
Nein, ganz allein und ohne Hilfe. Wir haben unsere Räume über die Gewerbesuche von ImmobilienScout24 gesucht und gefunden. Unser oberstes und einziges Suchkriterium war immer die zentrale Lage. Entsprechend sind wir dann in verschiedenen Portalen auf eine Menge Räume gestoßen - vor Ort aber zum Teil auch in Untergeschossen, feuchten Kellergebäuden oder dergleichen gelandet. Wir sind dann über ImmobilienScout24 auf diese Räumlichkeiten hier gestoßen und haben uns schnell entschlossen, sie zu mieten. Am Ende mussten wir tatsächlich keinen Cent Provision zahlen, es hätte also nicht besser laufen können.
Seit wann seid ihr hier und was für einen Vertrag habt ihr?
Ziemlich genau seit drei Monaten sind wir hier (Stand: November 2013, Anm. d. Red.). Wir haben einen Jahresvertrag. Niemand weiß genau, wie es hier rund um den Hauptbahnhof in einem Jahr aussehen wird. Entsprechend möchte sich der Vermieter nicht allzu lange verpflichten – für ein Unternehmen in unserem Stadium natürlich super Voraussetzungen. Zumal es auch der Grund dafür ist, dass es hier trotz zentraler Lage noch sehr günstig ist – die Mietkosten werden in Zukunft steigen. Nach einem Jahr werden wir uns dann wieder mit dem Vermieter zusammensetzen. Vielleicht hat der Vermieter dann etwas anderes mit diesem Objekt vor. Eventuell brauchen aber auch wir in neun Monaten größere Räume. Das steht heute noch in den Sternen.
Was ist für euch das schönste an dieser Location?
Es ist hier schön hell und freundlich und wir haben eine große Terrasse, die ab dem Frühjahr zum Grillen oder einfach für eine Pause genutzt werden kann. Die Aussicht hier ist natürlich auch toll, und uns gefällt der offene Schnitt der Räume. Außerdem gibt es noch einige Flächen im Haus, in die wir bei Bedarf reinwachsen können.
Was zahlt ihr an Miete pro Quadratmeter und wie groß sind eure Räume?
Wir zahlen unter 10 Euro pro Quadratmeter warm für ungefähr 300 Quadratmeter. Dazu gehört neben den Büroräumen auch das Lager für unsere Shop-Artikel . Außerdem haben wir noch ein Lager für solche Teile, die leider nicht unseren hohen Qualitätsstandards entsprechen bzw. keine Markenware sind. Der Kunde hat die Möglichkeit, gegen ein Entgelt solche Teile wieder zurückzubekommen. Wenn er das nicht in Anspruch nimmt, haben wir Spendenpartner, die sich sehr über die Kleidung freuen und diese sinnvoll weitergeben können.
Gab es auch schon irgendwelche besonderen oder lustigen Fundstücke?
Wir bekommen schon ganz lustige Sachen. Wir hätten z.B. niemals damit gerechnet einen Skihelm geschickt zu bekommen wurde. Auch Lieblingskuscheltiere sind zum Teil schon ungewollt in der Tüte gelandet. Die haben wir dann aber natürlich wieder zurückgeschickt. Begeistert waren wir auch von einer „Oktoberfest-Kollektion – 5 Umzugskisten voller Trachten - die uns eine Kundin zugeschickt hat. Für viele Kunden reicht der Platz in unseren Tüten, in die sie ihre Kleidung füllen, inzwischen nicht mehr. Hier haben wir auch schon sehr kreative Kistenkonstruktionen bekommen.
Und wie verdient ihr am Verkauf der Sachen?
Wir haben ein progressives Auszahlungsmodell, da wir bestimmte Fixkosten haben, die wir decken müssen. Wenn der Kunde uns also ein Kleidungsstück schickt, das wir für 5 Euro verkaufen können, bekommt der Kunde ca. 15 Prozent vom Verkaufspreis. Und wenn der Kunde uns ein Teil schickt, das wir für 40 Euro verkaufen können, dann bekommt er bis zu 50 Prozent vom Verkaufspreis. Davon muss man dann noch die Versand-, Verpackung- und Prozesskosten abziehen. Was übrig bleibt, stecken wir in kirondo, um dem Kunden einen immer noch besseren Service bieten zu können.
Welches Risiko besteht dabei für euch und sind eure Kunden bisher zufrieden?
Bei uns bekommt der Kunde nicht erst dann Geld, wenn die Sachen verkauft sind, sondern sobald wir die Kleidungsstücke geprüft haben. Damit ist für den Kunden der Vorgang abgeschlossen und er muss nicht ewig schauen, bis das Geld mal eingetröpfelt ist. Wir tragen entsprechend das Risiko, dass sich einzelne Teile vielleicht auch einmal nicht weiterverkaufen lassen. Vom allergrößten Teil unserer Kunden bekommen wir sehr positives Feedback und unsere Facebookgruppe wächst ständig. Die Kunden sind sehr happy über den Service, den wir bieten. Wir nehmen die Sachen problemlos ab und bieten die Sachen zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis im Shop an.
Gibt es ein besonders Möbelstück in euren Räumen?
Nein, nicht wirklich. Wir haben hier eine besondere IKEA Ausstattung (lacht). Was ganz witzig ist, dass wir die Meetingräume an den Außenscheiben bei der Launch-Party mit Fingerfarben gestaltet haben. Einiges davon musste nach der Feier allerdings wieder abgewischt werden (lacht).
Könnt ihr hier irgendwo gut essen gehen oder gibt es allgemein etwas, was empfehlenswert ist?
Essen gehen ist tatsächlich etwas schwierig. Wir haben entweder den Hauptbahnhof oder müssen eben etwas länger fahren. Allerdings macht das auch erfinderisch – die Kochsessions mit dem Team in unserer Küche machen immer viel Spaß.Toll sind Schwimmbad und Kletterhalle direkt um die Ecke. Da können die Mitarbeiter schnell mal rüber gehen, sich auspowern und frisch geduscht und fröhlich zurück zur Arbeit kommen. Man kann schon sagen, dass Moabit im Wandel ist. Als ich vor ein paar Jahren nach Berlin kam, war Moabit im besten Fall grau. Inzwischen beginnt es richtig zu pulsieren und in drei bis vier Jahren wird das ein toller Kiez sein.
Habt ihr schon irgendwas bereut oder würdet ihr etwas anders machen? (Hier kam Micha dazu)
Micha: Den Businessplan, den wir den Investoren damals vorgestellt haben, haben wir bis heute gut erfüllt, wir sehen positiv in die Zukunft. Anscheinend haben wir damals richtig kalkuliert – oder einfach nur verdammt viel Glück gehabt (lacht).
Wir haben gelesen, dass ihr auch das Deutsche Kinderhilfswerk unterstützt. Was genau steckt dahinter?
Das Deutsche Kinderhilfswerk ist einer unserer Spendenpartner. Zusätzlich zu jedem Euro, den wir an unsere Kunden auszahlen, spenden wir fünf Prozent an das Deutsche Kinderhilfswerk bzw. an andere Spendenpartner. Im nächsten Schritt wollen wir den Kunden einbinden. Der Kunde soll entscheiden können, ob er von dem Geld, was er ausbezahlt kommt, einen Teil an das Deutsche Kinderhilfswerk oder weitere Spendenpartner wie die Arche, Make A Wish Deutschland e.V., den WWF oder Rock Your Life Berlin e.V. spenden möchte. Viele Leute in Deutschland unterstützen mit Ihrer gebrauchten Kleidung gerne wohltätige Zwecke. Das finden wir toll und fördern es gerne.
Wie sieht eure Zukunft aus?
Christopher: Noch eine ganze Menge mehr Kindersachen ankaufen und in den Kreislauf zurückführen. Also zeigen, dass auch nachhaltige und sinnvolle Modelle in Deutschland sehr gut funktionieren können.
Micha: Wenn der Kreislauf in Deutschland richtig funktioniert, würden wir uns natürlich auch sehr freuen, wenn wir Eltern in anderen Ländern von unserem Modell begeistern dürften.
Hat auch Ihr Business Raum für Erfolg gesucht und gefunden? Wir suchen engagierte Unternehmen, die ihre Gewerberäume über ImmobilienScout24 entdeckt haben. Egal aus welcher Branche, ob junges Start-Up oder Traditionsfirma, ob klassisches Büro oder bunte Ladenfläche – Schreiben Sie uns unter commercialservices@immobilienscout24.de, vielleicht wird schon bald Ihr Unternehmen an dieser Stelle präsentiert!
Vielen Dank für das spannende Interview.
Text & Interview: Nicole Prieur, Nina Jensen, Konstanze Renken
Fotos: Kirondo, Nina Jensen