Gewerbe Trends

1A-Lage statt 1A-Suche

Die Lage einer Immobilie gilt, ganz besonders im Einzelhandel, gemeinhin als wichtigstes Kriterium. Ganz oben steht hierbei die 1A-Lage: sie ist gleichermaßen teuer, begehrt, rar und das erstrebenswerte Ziel Vieler. Die Fluktuation innerhalb dieser Lagen ist sehr gering, deshalb werden solche Objekte kaum auf dem freien Markt angeboten. Dennoch gibt es Möglichkeiten auch jene Türen zu öffnen, die zu Beginn fest verschlossen scheinen: die Zahlung von Keymoney ist ein Schlüssel hierzu.

Allein die Hoffnung, als „First Mover“ bei auslaufenden Verträgen zum Zug zu kommen, wird für die Sicherung eines Top-Standortes in der Innenstadt nicht ausreichen. Wie eine Auswertung von ImmobilienScout24 Gewerbe zeigt, stehen innerhalb deutscher Großstädte Nachfrage und Angebot in keinerlei Verhältnis.

1A-Lagen repräsentieren dadurch einen klassischen Verkäufermarkt. Somit ist die Ausgangssituation der Vermieter, aber auch Vormieter, weitaus komfortabler als die Position potentieller Mieter.

Mitarbeiter von Expansionsabteilungen großer Unternehmen kennen den Markt genau: sie analysieren, sondieren, stehen im permanenten Austausch mit Mietern, Vermietern sowie Maklern und haben konkrete Vorstellungen hinsichtlich des Objektes. EBIT oder erwartete Umsatzsteigerungen müssen bei dieser Entscheidung nicht zwangsläufig eine Rolle spielen, da Aspekte wie Unternehmensphilosophie oder Branding maßgeblich zur Eröffnung einer Filiale beitragen.

Die Ausgangslage selbst bleibt stets die Gleiche: das Laden-Konzept wurde im Vorfeld definiert, zur Realisierung wird die 1A-Lage benötigt, jedoch ist der Markt gesättigt.

An dieser Stelle kommt die Zahlung eines sogenannten „Keymoney“ ins Spiel. Der Begriff wird gelegentlich auch mit Ablöse, Abstand oder sogar „Schlüsselgeld“ umschrieben und ist eine Form der Kompensationszahlung.

Konkrete Aussagen zur Höhe des Keymoneys können nicht getroffen werden, da mehrere Faktoren hierzu beitragen: wesentliche Aspekte sind Marktsituation, aktuelle, bzw. zu erwartende Einnahmen des Bestandsmieters, hinzu kommt die verbleibende Restlaufzeit des Mietvertrages und nicht zuletzt die individuelle Ausgangssituation.

1A-Lage statt 1A-Suche

Der Prozess, von der Suche, über die Zahlung von Keymoney, bis hin zur Anmietung des Ladens, kann jedoch anhand eines Beispiels skizziert werden:

a) Eine international tätige Kette für Kleidung möchte auf dem deutschen Markt eine Dependance bis Sommer 2014 eröffnen. Die Standortpotentialanalyse der Expansionsabteilung ergab, dass hierfür ein Objekt zwischen 600 und 800 Quadratmeter in Berlin, 1A-Lage City West, mittlerer bis gehobener Standard, in Frage kommt.

b) Das Unternehmen kontaktiert zu diesem Zweck einen oder mehrere professionelle Gewerbemakler und teilt die genauen Wünsche mit.

c) Der Makler kennt potentielle Objekte vor Ort und ebenso die aktuelle Mietsituation. Er weiß, welche Flächen in Frage kommen und welche Unternehmen generell bereit wären, gegen Zahlung eines Keymoneys, ihren Vertrag vorzeitig aufzulösen. Entscheidend ist hierfür zunächst die grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft.

d) Ist diese gegeben und der Bestandsmieter bereit, sich zu vereinbarten Konditionen zurückzuziehen, muss nach Aushandlung des Keymoneys natürlich noch die Zustimmung des Besitzers erfolgen.

e) Stimmt auch dieser zu, so werden parallel ein Aufhebungsvertrag sowie ein neuer, schwebend wirksamer Vertrag, geschlossen.

f) Nach Auszug des Bestandsmieters und der Zahlung des Keymoneys wird der schwebend wirksame Vertrag rechtskräftig umgewandelt und das neue Unternehmen bezieht die gewünschten Räumlichkeiten.

„Die Entwicklung zeigt: begehrte Lagen innerhalb deutscher Einkaufsmetropolen bleiben, nicht zuletzt aufgrund international operierender Retailer, auch zukünftig ein knappes Gut. Keymoney als Instrument zur Standortakquisition wird in diesem Zusammenhang immer wichtiger.

Da Einzelhandelsimmobilienmärkte wie z.B. in den USA, Italien oder Österreich diesen Kostenfaktor lange kennen, sind Einzelhändler mit Filialnetzen in entwickelten Märkten bei Erfordernis auch grundsätzlich bereit, diese Zusatzinvestitionen einzuplanen.

Dadurch gewinnen sie einen Vorsprung vor Mitbewerbern, die diese Kosten nicht einplanen wollen oder können“, so Ronald Steinhagen, Geschäftsführender Gesellschafter  von COMFORT Berlin-Leipzig GmbH.