Streit um vererbte Immobilien

Streit um vererbte Immobilien

254 Milliarden Euro werden nach Berechnungen der Postbank dieses Jahr in Deutschland vererbt – der weitaus größte Teil als Immobilien. Rund jeder siebte Erbe hat aber laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach Streit um den Nachlass gehabt. Wo die Fallstricke liegen und wie Erbgeber und Erben Zwistigkeiten vermeiden können.

15 Prozent der Deutschen, die bereits geerbt haben, mussten um ihr Erbe streiten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Postbank-Studie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach. Dabei sind die Deutschen recht harmoniebedürftig: 91 Prozent der künftigen Erben wünschen sich, dass es keinen Streit ums Erbe gibt.

Erbe häufig in Form von Wohnungen und Häusern

In den kommenden Jahren wird sich die Vermögensübertragung durch Erbschaft deutlich erhöhen. Rund 254 Milliarden Euro werden allein in diesem Jahr vererbt. Bis 2020 steigt die Summe laut Berechnungen der Postbank auf 330 Milliarden an. Experten vermuten, dass ein Großteil der Erbschaften auf Immobilien entfällt. Die Erhebungen der Studie bestätigen dies: Bislang waren bereits in jeder zweiten Erbschaft Immobilien enthalten (53 Prozent). Doch bereits heute planen 64 Prozent der Deutschen, die etwas vererben wollen, Immobilien zu übertragen. Auch die, die eine Erbschaft erwarten, gehen zu einem hohen Anteil (71 Prozent) von einem Immobiliennachlass aus.



Konfliktpotenzial Immobilienerbe


Ein Testament schafft frühzeitig klare Verhältnisse. (Bild: Postbank Pressedienst)

Die eigenen vier Wände stellen für den Eigentümer häufig einen hohen ideellen Wert dar, weshalb er seine Immobilie oft höher bewertet als der Markt oder seine Angehörigen. Viele Erbgeber wünschen daher, dass ihre Kinder ihre Immobilie nach ihrem Tod selbst bewohnen. Dies ist aber oft nicht mit den Wohnzielen der Erben und ihrem Berufsstandort vereinbar. Dieser emotionale Faktor kann daher ein Grund dafür sein, dass sich Erbgeber und Erben nicht aussprechen beziehungsweise dass Konflikte bereits im Vorfeld der Vermögensübertragung entstehen. Hinzu kommt, dass niemand gerne über den möglichen Tod des Erbgebers spricht. Die Folge ist, dass Gespräche über den Nachlass sowie das Verfassen von Testamenten hinausgezögert werden. Doch wenn eine Immobilie ohne klare Regelung hinterlassen wird, birgt dies Sprengstoff. Gibt es kein Testament, müssen sich die Erben selbst einigen.

Im Gegensatz zu Geldbesitz und Wertpapieranlagen sind Immobilien nicht einfach teilbar. Und in der Regel haben die Erben unterschiedliche Vorstellungen, was sie mit dem Erbe machen wollen – renovieren, umbauen, selbst bewohnen, vermieten oder verkaufen. Wird eine geerbte Immobilie vermietet, sind häufig Abstimmungen unter den Erben notwendig. Und diese können zu Streitigkeiten führen.

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Mehr Erben wollen Immobilien vermieten statt selbst bewohnen

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass immer weniger Erben die Immobilie selbst bewohnen wollen. Bisher wurden vom Erbschaftsgeber zuvor selbst bewohnte Immobilien zu 47 Prozent von den Erben bezogen. Künftige Erben planen das aber nur noch zu 29 Prozent. Dagegen wurden geerbte Eigenheime bislang zu 37 Prozent verkauft. Dies planen aber nur noch 30 Prozent der angehenden Erben. Sie wollen zu 19 Prozent vermieten, bislang geschah dies in 14 Prozent der Erbschaftsfälle.

Kommunikation und Transparenzen senken Konfliktgefahren

Die Deutschen lernen aber aus Erfahrungen und Fehlern bei bisherigen Erbschaften. Eine neue Offenheit ist gefragt: Nur in jedem vierten Fall war bislang die Verteilung der Erbschaft mit allen Beteiligten und dem Erbgeber abgesprochen (28 Prozent). Das aber ist heute drei Vierteln aller angehenden Erben und 82 Prozent der Erbgeber „ganz besonders oder ziemlich wichtig“. Ein wichtiger Grund dafür ist gerade die stark zunehmende Zahl der Immobilienerbschaften. Bei bisherigen Erbschaften waren mit dem Nachlass verbundene Kosten in nur jedem vierten Fall (27 Prozent) für die Erben transparent. Künftigen Erben ist das aber zu 83 Prozent „ganz besonders “ oder „ziemlich wichtig“ und künftigen Erbgebern sogar zu 84 Prozent.

Tipps für Immobilienbesitzer und Erben

Am besten ist es, sich rechtzeitig über die gegenseitigen Vorstellungen zum Erbe zu informieren und sich Gedanken zu machen, wie mögliche Kosten und Konflikte vermieden werden können. Eine Familienkonferenz ist für die Beteiligten eine Möglichkeit, sich auszutauschen. Die Erblasser können die Ziele und Wünsche ihrer Kinder in ihre Überlegungen einbeziehen und ihre Entscheidungen transparent machen, so dass die Kinder nach dem Tod der Eltern nicht unangenehm überrascht werden.

Ein Testament gibt nicht nur Erben eine Hilfestellung an die Hand. Es hilft dem Erblasser, klare Verhältnisse zu hinterlassen, und es ist beispielsweise gegenüber einem unverheirateten Partner schlicht unablässig, seinen letzten Willen niederzuschreiben. Hilfreich ist es bei größerem oder kompliziert gestaltetem Immobilienbesitz einen Steuerberater und einen Rechtsanwalt heranzuziehen, um rechtliche und steuerliche Folgen, wie etwa der Erbschaftssteuer durchzuspielen. Mit der neuen Bundesregierung steigt die Wahrscheinlichkeit höherer Erbschaftssteuer und einer höheren Besteuerung von Immobilien. Zu erwägen sind dabei beispielsweise eine vorgezogene Vermögensübertragung mit Nießbrauch und Nutzungsrechten.

Sinnvoll ist es auch, dass sich die gemeinsamen Erben einer Immobilie offen über ihre Ziele austauschen. Ein Fokus sollte auf der Wertermittlung der Immobilie und auf der Höhe der Erbschaftssteuer liegen. Bei unterschiedlichen Vorstellungen über den Nachlass sollten Lösungen wie Auszahlung von Geschwistern über ein Darlehen auf die Immobilie gemeinsam durchgesprochen werden. Auch sollte klar sein, wie die Erben über Verkauf, Vermietung oder anstehende Renovierungen denken und wie sie dabei vorgehen wollen.

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