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Vorfälligkeitszinsen
Was sind Vorfälligkeitszinsen?
Die sogenannten Vorfälligkeitszinsen sind ein Entgelt, das immer dann vom Kreditnehmer zu zahlen ist, wenn dieser vorzeitig aus dem Darlehensvertrag entlassen werden möchte. Es entspricht dem Zinsschaden, den die Bank durch die vorzeitige Auflösung des Vertrags erleidet. Es handelt sich dabei um eine gesetzlich definierte Vorfälligkeitsentschädigung.
Warum muss ich Vorfälligkeitszinsen zahlen?
Steigt der Kreditnehmer während der laufenden Zinsfestschreibungszeit aus, muss der Vertrag das zunächst als Wahlmöglichkeit vorsehen. Der Bank entgehen hierdurch nämlich Einnahmen, sprich Zinsen, von denen der Kunde zuvor profitierte.
Da die Zinsfestschreibungszeit häufig auf zehn oder 15 Jahre vereinbart wird, kalkuliert die Bank mit entsprechenden Zinseinkünften. Ähnlich sieht der Fall dann aus, wenn nicht der Kunde den Kredit gekündigt hat, sondern die Bank selbst. Anstelle der Vorfälligkeitszinsen tritt dann ein Schadenersatzanspruch, der nach denselben Regeln berechnet wird. Voraussetzung ist jedoch, dass der Kunde seine vertraglichen Pflichten verletzt hat. Die Kündigung muss also aus wichtigem Grund erfolgen und muss daher begründet werden.
Bei dem Kredit muss es sich nicht zwangsläufig um eine Baufinanzierung handeln. Es kann auch um Kapitalanlagen gehen, die langfristig zu einem Festzins abgeschlossen wurden.
Wie werden Vorfälligkeitszinsen berechnet?
Um den Betrag zu errechnen, den die Bank als Vorfälligkeitsentschädigung erhält, gibt es zwei Methoden:
Aktiv-Aktiv-Methode |
Aktiv-Passiv-Methode |
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Wichtig: Sind Sondertilgungen vertraglich vereinbart, müssen diese bei der Berechnung der Vorfälligkeitszinsen berücksichtigt werden. Auch wenn der Darlehensnehmer zuvor noch keinen Gebrauch von Sondertilgungen gemacht hat, muss die Bank davon ausgehen, dass er dies in der verbleibenden Zeit getan hätte.
Tipp von ImmobilienScout24:
Die Bank darf keine Verwaltungskosten berechnen, die im Darlehenszinssatz regelmäßig enthalten sind, die aber die Zeit nach der Darlehensrückzahlung betreffen!
Beispielrechnunung für Vorfälligkeitszinsen
Zwei Jahre vor dem Zinsbindungsende möchten Sie ein mit drei Prozent fest verzinstes Darlehen über 80.000 Euro vorzeiti tilgen. Das derzeit sehr niedrige Zinsniveau sorgt dafür, dass die Bank mit negativen Wiederanlagezinsen von ca. -0,10 Prozent rechnet. Die monatliche Kreditrate aus Zins und Tilgung beträgt 500 Euro.
- Zinsschaden: 6.929,44 Euro
- Erstattung der Bank für eingespartes Kreditrisiko: -109,29 Euro
- Erstattung aus Zinsmarge: -327,88 Euro
- Erstattung eingesparter Verwaltungskosten: -291,67 Euro
- Bearbeitungsgebühr: 100,00 Euro
- Vorfälligkeitsentschädigung netto: 6.300,60 Euro
Hinweis von ImmobilienScout24:
Wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung in Ihrem individuellen Fall ausfällt, hängt möglicherweise auch von Sonderregelungen in Ihrem Vertrag ab. Lassen Sie die Vorfälligkeitsentschädigung immer auch kritisch begutachten! Bei Verbraucherzentralen können Sie sie für etwa 70 Euro von Experten überprüfen lassen. Oft fallen die von der Bank berechneten Vorfälligkeitsentschädigungen zu hoch aus.
Zinsen vergleichen
Was sind die rechtlichen Grundlagen der Vorfälligkeitszinsen?
Der Gesetzgeber sieht zunächst keine Verpflichtung der Bank, über ein Grundpfand besicherte Darlehen vor Ablauf der vereinbarten Zinsfestschreibungszeit zurückzunehmen. Schließlich hat die Bank sich entsprechend refinanziert und kalkuliert mit den Einkünften.
Grundsätzlich muss daher der Kreditnehmer den Antrag stellen, um vorzeitig aus dem Vertrag auszusteigen und den Kredit zu tilgen. Doch immer wieder gab es auch hierbei Streit, explizit um die Höhe der Vorfälligkeitszinsen und generell über die vom Kunden hinzunehmenden Zugeständnisse.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat als höchstes deutsches Gericht in Zivilverfahren mehrfach in Bezug auf Vorfälligkeitszinsen geurteilt. Daraus ergibt sich, dass insbesondere bei einem geplanten Hausverkauf sowie unter Berücksichtigung des Einzelfalls, die Bank einer Rücknahme zustimmen müsste.
Wie wird die Entschädigung berechnet?
In § 490 Abs. 2 S. 3 BGB ist geregelt, dass der Kreditgeber einen durch die Kündigung verursachten Zinsausfallschaden gelten machen kann. In der Praxis entsteht immer dann ein solcher Schaden, wenn der festgeschriebene Zinssatz über dem aktuell möglichen Zinssatz des Ersatzgeschäftes liegt. Die Bank muss dabei aber denselben Zinsaufschlag anwenden. Sie darf also nicht die Marge erhöhen oder anderweitig zulasten des Kreditnehmers rechnen.
Wird über einen Folgekredit finanziert, gelten gleich zwei Faktoren. Zum einen ergeben sich eine Zinsdifferenz und zum anderen ein Zinsmargenschaden, weil auf die Restlaufzeit gesehen ein kalkulatorischer Gewinn fehlt. Die meisten Zivilgerichte kalkulieren mit einer Netto-Zinsmarge von 0,500 Prozent, bereits bereinigt um Verwaltungsaufwand.
Je weiter das Ende der Zinsbindung liegt, desto höher fällt also die Entschädigung aus. Zu berücksichtigen sind jedoch alle Tilgungsgelegenheiten, etwa Sondertilgungen. Auch die eingesparten Risiko- und Verwaltungskosten müssen dem Kunden zugutegehalten werden. Bearbeitungsentgelte sind bis zu einer bestimmten Höhe ebenso als Teil der Vorfälligkeitszinsen statthaft.