Leitzinsen steigen voraussichtlich erst 2020
Das kann sich hören lassen! Unser Zinskommentar als Podcast
Das Wichtigste in Kürze:
- Die USA und Großbritannien halten mit Shutdown und Brexit-Votum Welt und Märkte in Atem.
- Mit einer Leitzinserhöhung ist voraussichtlich erst 2020 zu rechnen.
- Die Zinsen sind im Januar vor allem bei den langfristigen Finanzierungen erneut gesunken.
Gleich im ersten Monat des neuen Jahres geht es weltpolitisch drunter und drüber. Bei den Briten stand der Brexit-Deal erneut auf der Kippe – mit 432 gegen 202 Stimmen wurde das verhandelte Papier von den Abgeordneten vom Tisch gefegt. Das Debakel kostete Premierministerin Theresa May fast den Posten. Aktuell kann man die Situation nur als unsicher einstufen: Ein ungeregelter Brexit ist das, was Briten und Europäer am meisten fürchten. Vielleicht ist aber genau diese Angst letztlich ein Ass im Ärmel der Premierministerin? Selbst die Queen, die sich sonst mit politischen Statements zurückhält, kommentierte vergangene Woche, ohne direkte Brexit-Erwähnung, dass das Gezänk ein Ende haben solle und wieder „the bigger picture“, das große Ganze, in den Blick genommen werden müsse. Ansage verstanden?
Shutdown-Chartbreaker: Trumps neueste Rekordmeldung
Und was passierte jenseits des Atlantiks? Donald Trump liebt ja bekanntlich Superlative. Das ist ihm – wenn auch in einer unrühmlichen Disziplin – wieder gelungen. In der Kategorie „der längste Government-Shutdown in der US-Geschichte“ führt er jetzt die Statistik an. 35 Tage dauerte die jüngste Haushaltssperre in den USA. Zum Vergleich: Bill Clinton brachte es 1995 auf 21 Tage und Carter 1978 gar nur auf 17. Das Geld für seine Mauer zwischen den USA und Mexiko ist allerdings nicht Teil des „Deals“ mit den Demokraten. Daher ließ Trump es offen, ob nicht schon sehr bald der nächste Shutdown droht.
Fed erhöht die Zinsen und nimmt sich Flexibilität vor
Dass Trump im Clinch mit Fed-Chef Jerome Powell liegt, ist allgemein bekannt. Deshalb musste Powell wohl auch nach der letzten Erhöhung der Leitzinsen Ende Dezember explizit klarstellen, dass der geplante, ruhigere Geldpolitik-Kurs im Jahr 2019 keinesfalls auf den Einfluss der Regierung zurückzuführen ist. Aktuell liegen die Leitzinsen bei 2,25 bis 2,5 Prozent. Im Jahr 2019 soll es nur zwei weitere Erhöhungen geben. Allerdings will man an der Spitze der Fed flexibel bleiben – und dazu gehört auch eine entsprechende Reaktion auf die Konjunktur.
EZB: Draghi rudert zurück
Ja, die Konjunktur. Sie dominierte auch die EZB. Selten nahm EZB-Chef Mario Draghi das Wort „Risiko“ so häufig in einer geldpolitischen Sitzung in den Mund. Was für Deutschland zutrifft, gilt natürlich auch für die EU: „Die andauernden Unsicherheiten, insbesondere in Bezug auf geopolitische Faktoren und die Bedrohung durch den Protektionismus lasten auf dem Wirtschaftsklima“, mahnte Draghi am 24. Januar in Frankfurt.
Die Dynamik des Wachstums verschlechtere sich, internationale Handelsstreitigkeiten wirkten als Dämpfer, entsprechend wollte die EZB hinsichtlich der Geldpolitik auch keine Entwarnung geben. Die zuvor angekündigte erste Leitzinserhöhung für den Herbst 2019 scheint nun auch bereits wieder hinfällig zu sein. Zunächst wolle man die Strafzinsen von 0,4 Prozent für diejenigen Banken abschaffen, die ihre Gelder bei der EZB parken. Eine für Sparer merkliche Erhöhung der Zinsen könnte dann noch bis 2020 auf sich warten lassen. Angesichts solcher Aussagen können Sparer erneut in die Röhre gucken. Bauherren mit dem Wunsch nach einer günstigen Baufinanzierung hingegen können sich freuen, weil ein wichtiger Einflussfaktor auf die Bauzinsen auch weiterhin stabil bleibt.
Das Wirtschaftswachstum in Deutschland schwächelt
Mitte Januar veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Konjunkturdaten des Jahres 2018. Das Ergebnis: Mit nur 1,5 Prozent erlangte die deutsche Wirtschaft den schwächsten Wachstumswert des Bruttoinlandproduktes seit fünf Jahren. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren mit Wachstumsraten von jeweils 2,2 Prozent verlangsamte sich das Wachstum um 0,7 Prozentpunkte. Wichtigste Treiber des Wachstums waren 2018 der private Konsum, Investitionen der Unternehmen und der Bauboom. Auch die Ausgaben des Staates für soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter wuchsen 2018.
Gesunken ist hingegen der Export: Angetrieben von der Handelsdefizitdebatte des amerikanischen Präsidenten importierte Deutschland 2018 tatsächlich mehr Waren als es exportierte. Im dritten Quartal musste die Produktion in der für Deutschland sehr wichtigen Automobilindustrie zurückgefahren werden, weil es zu Schwierigkeiten bei der Einführung des neuen Abgas-/Verbrauchsstandards WLTP kam.
ImmobilienScout24-Zinsbarometer: Zinsen notieren gleich oder günstiger
Auch im Januar haben sich keine Zinswerte für Baufinanzierungen verteuert. Lediglich die 5-jährigen Zinsen bleiben gleich, alle anderen wurden sogar günstiger (siehe Diagramm, Stand 26.01.2019).
Die Kredite mit fünfjähriger Laufzeit haben sich weder nach unten noch nach oben bewegt; sie verharren bei 0,95 Prozent. Die Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung verbilligten sich um 0,06 Prozentpunkte auf 1,23 Prozent. Auch die 15-jährigen Kredite sind im Januar günstiger geworden, und zwar um 0,06 Prozentpunkte: 1,58 Prozent ist ihr Schlusswert am Stichtag. Auch sehr langfristig orientierte Bauherren kommen auf ihre Kosten: Die Zinsen mit 20-jähriger Zinsbindung verzeichneten einen Rückgang um 0,07 Prozentpunkte auf 1,74 Prozent.
*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.
Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels
Bruttoinlandprodukt bezeichnet den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft produziert werden. Es ist das Maß für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft.
Government Shutdown kann man als „Stilllegung der Regierung“ in den USA übersetzen. Diese Situation tritt ein, wenn sich die Regierungsverantwortlichen (Senat, Repräsentantenhaus, Präsident) nicht über die Vergabe von Haushaltsmitteln einigen können. Weil deren Bezahlung nicht sichergestellt ist, werden alle weniger wichtigen Mitarbeiter in einen unbezahlten Urlaub entlassen, während wichtige Behörden (z. B. Polizei, Verteidigung, Rettungsdienste und Geheimdienst) davon unangetastet bleiben.
Geldpolitik Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.
Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.
Fed: ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.
Leitzinsen Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.
Irrtum vorbehalten