EZB überrascht mit weiterer Zinssenkung
16. März 2016 - Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian
Niemand hatte damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinswende einleitet. Aber die deutliche Verstärkung der Geldvermehrung überrascht die Märkte.
Die EZB hat wiederholt bekräftig, dass sie mittelfristig die Zinsen niedrig halten wird. Insofern hat niemand mit einer Zinssenkung oder einer sonstigen Einschränkung des expansiven Kurses der EZB gerechnet. Allerdings waren auch die meisten Experten und Marktbeobachter der Auffassung, dass der Spielraum für weitere Zinssenkungen nunmehr ausgereizt sei. Das Direktorium der EZB war offensichtlich anderer Auffassung und hat nicht nur den wesentlichen Leitzins, zu dem sich die Banken bei der EZB Geld ausleihen können, auf null Prozent gesenkt, sondern auch angekündigt, in noch größerem Ausmaß als bisher Anleihen am Markt aufzukaufen.
Auch in den letzten zwei Wochen verbleiben die Zinsen nahezu unverändert auf sehr niedrigem Niveau. Für fünfjährige Zinsbindungen sanken die Zinsen geringfügig von 0,95 Prozent auf 0,94 Prozent. 10‑jährige Kredite sanken um 0,06 Prozentpunkte und wurden im Durchschnitt für 1,19 statt zuvor 1,25 angeboten. Kredite mit fünfzehnjährigen Laufzeiten wurden hingegen weiterhin mit durchschnittlich 1,60 Prozent angeboten.
Außer der EZB selbst könnte dieser geldpolitischen Entscheidung kaum jemand etwas Positives abgewinnen. Banker und Wissenschaftler waren gleichermaßen konsterniert. Zwar wurde durch diese Maßnahme das Vertrauen auf weiterhin niedrige Zinsen nochmals verstärkt. Eine tatsächliche Stimulierung der Wirtschaft wird durch diese weitere Senkung der Zinskosten wohl kaum erreicht werden. Hingegen ist damit zu rechnen, dass sich die Nachfrage auf den Immobilienmärkten – und damit auch die Preise – durch diese erneute Ausweitung der Geldvermehrung zusätzlich erhöht.