Zinssprung an der Börse
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Anmelden / RegistrierenDie EZB kommentiert den Zinssprung und präzisiert ihre Strategie zu den Anleihekäufen
Ausgerechnet auf einem Abendessen in kleinem Kreise mit Hedgefonds-Managern gibt ein Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) weitere Details zu den geplanten Anleihekäufern bekannt. Zunächst ein kleiner Skandal, da die Öffentlichkeit anders als geplant erst mit erheblicher Verzögerung informiert wurde. Wer also an dem Abendessen teilnehmen durfte, hatte einen Informationsvorsprung, mit dem geschickte Händler eine zusätzliche Gewinnchance wahrnehmen konnten.
Sicherlich nicht optimal. Für jemanden, der sich für eine Immobilienfinanzierung interessiert, ist jedoch der Inhalt der Rede interessanter. Anfang Mai war der Kurs von deutschen Staatsanleihen deutlich gefallen, was in Folge auch einen sprunghaften Anstieg der langfristigen Zinsen zur Folge hatte. Die EZB interpretiert den Zinssprung als Ergebnis von geringer Liquidität. Das bedeutet, dass so wenige Wertpapiere gehandelt werden, dass bereits geringe Änderungen von Angebot oder Nachfrage zu großen Änderungen im Preis führen können.
Seit nunmehr drei Wochen ist das Zinsniveau aber auf diesem leicht höheren Zinsniveau stabil. Wenn der Zinssprung nur aufgrund niedriger Liquidität erfolgt wäre, sollte sich dieser zwischenzeitlich korrigiert haben. Demnach spricht einiges dafür, dass die Renditen für deutsche Staatsanleihen übertrieben niedrig waren und das der „Minicrash“ Anfang Mai eher eine Kurskorrektur waren. Dann wäre das neue Zinsniveau marktgerecht und die Zinsen würden nicht wieder auf den alten Wert zurückfallen.
Die EZB hat erneut bekräftigt, dass sie an Ihrem Programm festhalten wird und allenfalls das Volumen der Ankäufe in den Sommerferien senken wird, da in dieser Zeit erfahrungsgemäß weniger Handel stattfindet. Dafür werden vor und nach den Ferien ggf. vermehrt Anleihen gekauft.
Die fünfjährigen Zinsangebote sind in den letzten zwei Wochen im Durchschnitt leicht von 1,05 auf 1,10 Prozent gestiegen. Zehnjährige Konditionen sind von 1,42 Prozent auf 1,49 Prozent gestiegen. Für fünfzehnjährige Zinsbindungen werden nunmehr 1,83 statt 1,70 Prozent angeboten.
Die EZB wird ihre Anleiheankäufe weiter fortsetzen und damit die Zinsen weiterhin niedrig halten. Aufgrund der schwachen Konjunktur in Europa und der weiterhin niedrigen Inflation ist bis auf Weiteres nicht damit zu rechnen, dass von dieser expansiven Politik abgewichen wird. Sollten die immer noch sehr niedrigen Zinsen nicht erneut sinken, so erhöht sich die Belastung aus Immobilienfinanzierung um 0,12 Prozentpunkte – also in der Regel ein paar hundert Euro pro Jahr. Wer also mit seinem Immobilienkauf noch gewartet hat, hat keinen Fehler gemacht. Die niedrigen Zinsen waren kein Grund zur Eile und sind es auch jetzt nicht.