Die begrenzte Macht der Zentralbanken
5. Mai 2014 – Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian
Die EZB verfügt über viele und mächtige Instrumente. Dennoch bewirkt sie aktuell sehr wenig.
Allein mit der Ankündigung, im Zweifelsfall unbegrenzt Staatsanleihen anzukaufen, hatte die Europäische Zentralbank (EZB) vor zwei Jahren Spekulationen auf das Auseinanderbrechen des Europäischen Währungssystems beendet. Mehr als Worte waren nicht notwendig, tatsächlich mussten bis heute noch keine Ankäufe aufgrund dieses Versprechens durchgeführt werden. Aber obwohl die Zentralbanker bei der Sicherung der Stabilität des Euros so mächtig waren, bewirken die klassischen Instrumente der Geldpolitik aktuell nur wenig. Die Konjunktur ist in den meisten Ländern Europas weiterhin verhalten, die Kreditvergabe der Banken steigt nur sehr wenig. Der Grund liegt vor allem darin, dass das niedrige Zinsniveau bei den meisten Kreditnehmern nicht ankommt. Die Banken stellen ihren Kunden nämlich nicht nur den Zinssatz in Rechnung, zu dem sie das Geld bei der EZB „einkaufen“. Die Banken müssen zusätzlich einen Risikoaufschlag für drohende Verluste berechnen, der vor allem für kleine und mittlere Unternehmen in den Krisenstaaten wesentlich höher ist als der Marktzins. Damit sind die Bankzinsen für viele Unternehmen weiterhin zu hoch.
Es mehren sich daher die Spekulationen, ob die EZB ihr Instrumentarium um weitere Maßnahmen erweitert. Möglich wäre der Ankauf nicht nur von Anleihen der Staaten der Währungsunion, sondern auch von privaten Unternehmen. Weiterhin wird über Interventionen am Währungsmarkt diskutiert, die über eine Abwertung des Euros die Konjunktur beleben könnte und damit indirekt auch die Inflation wieder auf das gewünschte Niveau heben würde.
In den letzten zwei Wochen sind die fünfjährigen Zinsen leicht um 0,01 Prozent auf 1,80 Prozent gesunken, ebenso die zehnjährigen um 0,02 Prozent auf 2,45 Prozent. Bei fünfzehnjährigen Zinsbindungen werden im Durchschnitt unverändert 2,95 Prozent angeboten.
Am 8. Mai steht der nächste Zinstermin der EZB an. Die stimulierenden Effekte niedriger Zinsen sind weitgehend ausgereizt, Konjunktur und Inflationsrate zeigen weiterhin nicht die gewünschte Entwicklung. Auf der anderen Seite ist die Situation auch noch lange nicht so dramatisch, dass in Kürze mit unkonventionellen Maßnahmen zu rechnen ist. Insofern werden wahrscheinlich moderate Anpassungen der Leitzinsen weiterhin das bevorzugte Instrumentarium der EZB bleiben.