Schmerzensgeld statt Besichtigung


Veröffentlicht am 6. Juni 2020

Wenn einem Mietinteressenten eine Wohnungsbesichtigung verwehrt wird, nur weil sein Name türkisch klingt, liegt eine Diskriminierung wegen seiner ethnischen Herkunft vor. Der Interessent fordert ein Schmerzensgeld – zu Recht? 

In Berlin bewarb sich ein Wohnungssuchender bei einem großen Wohnungsunternehmen um die Besichtigung zweier Wohnungen. Vergeblich, es hagelte Absagen. Dabei hatte er im Online-Formular bis auf seinen Namen und seine Kontaktdaten nichts von sich preisgegeben. 

Doch vielleicht war gerade der türkisch klingende Name die Ursache?! Der Mietinteressent bewarb sich erneut, aber diesmal mit einem deutsch klingenden Namen an. Und siehe da, er bekam einen Besichtigungstermin.

Diese offensichtliche Diskriminierung wollte der Mann nicht hinnehmen. Mithilfe der Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt wandte er sich an das Wohnungsunternehmen und verlangte eine Entschädigung. Da das Unternehmen nichts davon wissen wollte, trafen sich beide Parteien vor Gericht.

Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg entschied zu Gunsten des Mietinteressenten und bestätigte seinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Ihm sei es gelungen, glaubhaft anhand von Indizien darzulegen, dass er allein aufgrund seines türkisch klingenden Namens keine Einladung zu einem Besichtigungstermin erhalten hatte. Dabei stellte das Gericht klar, dass der vom Mietinteressenten durchgeführte Test (zweiter Versuch mit einem deutsch klingenden Namen) im Bereich der Wohnungsmiete ausdrücklich zulässig sei.

Das Gericht bescheinigte dem Wohnungsunternehmen eine Diskriminierung des Wohnungssuchenden wegen seiner ethnischen Herkunft. Die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 3.000 Euro sei daher angemessen. Da es sich um ein großes Unternehmen handele, wiege die Diskriminierung besonders schwer. Denn dadurch war der potenzielle Mieter von einem erheblichen Teil des Mietwohnungsmarktes abgeschnitten.

Das Wohnungsunternehmen hatte zudem nach Erhalt des Schreibens der Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung den Kontakt zum Mietinteressenten per E-Mail ausgeschlossen. Aus Sicht der Richter war er, weil er sachlich seine Ansprüche geltend gemacht hat, ein zweites Mal diskriminiert worden. 

(Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 14.01.2020 - 203 C 31/19), Irrtum vorbehalten


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