Wann lohnt sich eine Kernsanierung?
Hierzulande stehen viele ältere Gebäude leer. Ihre Zahl nimmt angesichts der demographischen Entwicklung stetig zu. Für Bauherren kann der Kauf einer gebrauchten Immobilie eine Alternative zum Neubau sein. Da die Grundstückspreise nach wie vor relativ hoch sind, ist gerade der Neubau für manchen Bauherrn kaum zu bewerkstelligen.
Altbauten haben oft den Vorteil, dass sie in gefragten Lagen stehen, über eingewachsene Gärten verfügen und ein gewisses Flair ausstrahlen. Liegt der Altbau in einer Wohnsiedlung, findet sich meist eine wesentlich bessere Infrastruktur als bei Neubauten in Neubaugebieten. Die Strukturen sind über Jahre gewachsen. Der Bauherr spart Anliegergebühren, da Straßen und Versorgungsleitungen vorhanden sind. Auch gute Nachbarn können einen wertbildenden Faktor darstellen.
Ältere Gebäude haben nur einen Nachteil: Sie sind meist stark sanierungsbedürftig. Kein guter Gedanke ist es, einen Altbau grob zu sanieren und gleich einziehen zu wollen. Früher oder später wird sich weiterer Sanierungsbedarf aufdrängen. Wer im Gebäude wohnt und einschneidende Sanierungsmaßnahmen durchführen will, muss erhebliche Beeinträchtigungen der Wohnqualität, möglicherweise über Monate hinweg, in Kauf nehmen. Weitaus sinnvoller ist es, vor dem Einzug eine Kernsanierung in Angriff zu nehmen und in ein vollständig saniertes Haus einzuziehen. Ein kernsaniertes Haus kommt einem Neubau gleich. Der Bauherr erspart sich viel Aufwand, Ärger und letztlich wohl auch Kosten.
Die Kosten einer Kernsanierung hängen vom Umfang der Sanierungsmaßnahmen ab. Es versteht sich von selbst, dass ein zum Kauf ins Auge gefasstes Haus gründlich vorbesichtigt werden sollte und die Kosten der Kernsanierung zuverlässig kalkuliert werden. Jede Hausgeneration hat ihre typischen Schwachpunkte. Ältere Keller haben keine Abdichtung gegen Feuchtigkeit, es findet sich Rost an tragenden Elementen, die Dachbalken sind morsch, Wasserleitungen sind korrodiert, oft finden sich noch Bleiwasserleitungen, elektrische Leitungen zerfallen, in Gebäuden mit Baujahr 1946 bis 1989 wurden oft Asbest oder giftige Holzschutzmittel verbaut. Ältere Gebäude verfügen über keinerlei Wärmedämmung oder leiden unter schlechtem Schallschutz.
Eine Kernsanierung spricht aus sich heraus. Das Gebäude wird faktisch bis auf die Grundmauern entkernt. Alte Leitungen, schlechter Verputz, Fenster, Heizkörper, Böden, Dachziegel, Gebälk, sanitäre Einrichtungen und Fliesen, alles muss auf den Prüfstand. Im Zweifel wird das Material entfernt. Bei Kernsanierungen ist zudem eine energetische Bestandsaufnahme erforderlich, die die Vorgaben der Energieeinsparverordnung berücksichtigt. Der Gesetzgeber schreibt insbesondere den Dämmmaßnahmen und den Einbau moderner Heizungen und Fenster vor.
Die nächste Frage ist, wer die Kernsanierung durchführt. Ist der Bauherr nicht selbst Handwerker, wird er regelmäßig einen Bauunternehmer beauftragen. Die Erfordernisse an Kompetenz und Aufwand sind nicht zu unterschätzen. Je nach Umfang der Arbeiten sollte auch ein Architekt einbezogen werden. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, einen unabhängigen Baubegleiter beizuziehen, der die Sanierungsarbeiten kompetent begleitet. Gerade bei einer Kernsanierung kommt es darauf an, die Arbeiten der unterschiedlichen Handwerker zeitlich und sachlich zu koordinieren. Im Idealfall arbeitet ein Handwerker dort weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat. Es macht keinen Sinn, neue Fußböden verlegen zu wollen, wenn gerade die alten Wasserrohre und elektrischen Leitungen aus den Wänden herausgebrochen werden.
Auch der Kauf vom Bauträger kommt in Betracht. Wichtig ist, ein besonderes Augenmerk auf die sichere Vertragsgestaltung mit dem Bauträger zu legen. Dazu gehört die Vereinbarung einer Konventionalstrafe, die mit jedem Tag, mit dem sich die Fertigstellung verzögert, fällig wird. Wer als Mieter aus seiner Wohnung ausziehen muss, ist darauf angewiesen, termingerecht umzuziehen. Es muss geklärt sein, in welcher Form und in welchem Umfang der Bauträger die Gewährleistung bei Mängeln übernimmt und wie lange er für Mängel einsteht. Insoweit kommt es darauf an, ob der Bauvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder nach der sogenannten „Verdingungsordnung für Bauleistungen“ (VOB) geschlossen wird. Um bei Mängeln ein Druckmittel zu haben, sollten Bauherren ihre Bauträger immer nur nach Baufortschritt bezahlen. Die Zahlung nach Zeitspannen ist insoweit riskant. Entscheidend kommt es darauf an, die auszuführenden Arbeiten detailliert im Vertrag zu beschreiben und auch Aussagen über die zu verwendenden Materialien zu treffen.
Die Finanzierung von Kauf und Kernsanierung von Altbauten ist ein eigenständiges Thema. Will der Bauherr die Kernsanierung über ein Darlehen finanzieren, muss er der Bank genau darlegen, welcher Kostenaufwand zu finanzieren ist. Die Bank finanziert nur, wenn sie im Gegenzug durch die Investition in die Sanierungsmaßnahmen eine angemessene Sicherheit erhält. Dazu benötigt der Bauherr eine Kostenplanung, die am zuverlässigsten von einem Bauunternehmer erstellt wird, der Kernsanierungsmaßnahmen im Detail erfahrungsgemäß am besten überblicken kann.
Steht das Gebäude unter Denkmalschutz, sind die Vorteile und Nachteile der Investition abzuwägen. Der maßgebliche Vorteil besteht darin, dass der Bauherr im Kalenderjahr des Abschlusses der Sanierungsmaßnahme und den neun folgenden Kalenderjahren jeweils neun Prozent der Kosten als Sonderausgaben von seiner Einkommensteuerschuld abziehen kann. Teils gewähren öffentliche Stellen auch Zuschüsse. Der Nachteil besteht vor allem darin, dass ein denkmalgeschütztes Gebäude nicht beliebig saniert werden kann. Vielmehr ist die Kernsanierung in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde zu bewerkstelligen. Deren denkmalschutzrechtliche Vorgaben sind zu beachten. Alte Holzfenster können nicht beliebig durch moderne Isolierglasfenster ersetzt werden. Eine vorhandene Schiefereindeckung des Daches muss beibehalten werden und verteuert den Kostenaufwand.