Verrückte Zinswelt


Jahresendspurt mit Überraschungen


Das kann sich hören lassen! Unser Zinskommentar als Podcast


Das Wichtigste in Kürze:

  • Seit Anfang November sitzt eine Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank: Christine Lagarde.
  • Verrückte Zinswelt: Einige Banken haben Minuszinsen aufs Tagegeld angekündigt.
  • Immobiliendarlehen bleiben niedrig: Je nach Zinsbindung gibt es aber leichte Zinserhöhungen.

Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels



Heute kann sich Ihr Traum vom Eigenheim erfüllen.





"Bonjour, ich bin die Neue"


"Dafür stehe ich mit meinem guten Namen" ­– erinnern Sie sich noch an diesen Werbeslogan eines großen Babykostherstellers? Das gleiche Prinzip gilt wohl auch für die neue Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB). Auf dem "Eurobanknoten-Unterschrifts-Event" Ende November unterschrieb Christine Lagarde auf einem überdimensionalen 20-Euro-Schein. Demnächst wird ihre Unterschrift auf allen Banknoten erscheinen und damit symbolisch zum Ausdruck bringen, was die Französin anschließend in ihrer Rede so formulierte: "Banknoten sind Teil unserer Wirtschaft, unserer Identität und unserer Kultur – und wir von der EZB haben eine große Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Menschen ihr Vertrauen in den Euro behalten." Und noch besser für Zitate in großen Zeitungen geeignet: "Der Euro ist der Kitt, der uns als Währungsunion zusammenhält."



Erste Zinssitzung unter neuer Leitung steht noch aus


Um große Worte ist Christine Lagarde nie verlegen. War sie auch während ihrer acht Jahre als Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht. Anfang November beerbte sie den Italiener Mario Draghi auf dem Chefsessel der EZB. Übrigens – Bemerkung am Rande – die von ihrem Vorgänger unterschriebenen Banknoten verlieren natürlich nicht ihre Gültigkeit. Lagardes erste Zinssitzung liegt indes noch in der Zukunft: Erst Mitte Dezember wird sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen zusammensitzen und über den weiteren Kurs des Euro entscheiden.

Eine Eule unter Falken und Tauben


Anders machen will die "Neue" aber auch vorher schon Einiges. Innerhalb der EZB gibt es zwei geradezu verfeindete Lager: die "Falken" und die "Tauben". Die Falken favorisieren eine restriktive Geldpolitik mit eher geringen Zinsanpassungen. Die Tauben hingegen nutzen gern sehr früh ihre geldpolitischen Instrumente wie Leitzinssenkungen oder Anleihenkäufe. Mario Draghi war eine Taube. Und Christine Lagarde?"Ich hoffe, ich werde eine Eule sein. Ich mag Eulen, sie sind sehr weise Tiere", erklärte sie in einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit". Das klingt so, als sähe sie sich in einer ganz anderen, vermittelnden Position. Im Interview ging sie auch darauf ein, dass sie die Zusammenarbeit in der EZB fördern und auch die Kommunikation offener gestalten wolle. Weg von den eingeschworenen Zirkeln ihres Vorgängers, hin zu mehr Gemeinschaft.

Französische Eleganz und amerikanische Härte


Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble charakterisierte die erste Frau an der Spitze der EZB folgendermaßen: "Man darf sich von ihrer französischen Eleganz nicht täuschen lassen. Wenn es darauf ankommt, beweist sie amerikanische Härte. Den Bankern tut es vielleicht ganz gut, dass eine Frau in dieser Position Verantwortung trägt." Auch eine griffige Bezeichnung für den Euro hat sich Christine Lagarde einfallen lassen: Während der Dollar wegen seiner grünen Farbe gern als "Grreenback" bezeichnet wird, könne man den Euro – aufgrund der rückseitig abgebildeten Brücken und der starken Verbreitung des blauen Zwanzigers doch "Blue Bridge" nennen. Warum eigentlich nicht?

Fed senkt Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte


Das Zinsniveau bleibt erst einmal niedrig. Wer seine Immobilie finanzieren will, den freut das natürlich. Sparer indes blicken in eine weiterhin trübe Zukunft. Der Leitzins bleibt bei 0,00 Prozent und der Zinssatz auf Einlagen von Geschäftsbanken bei der EZB bei -0,5 Prozent. Im November gibt es sogar Meldungen von einzelnen Banken, die von ihren Kunden Zinsen dafür verlangen, dass sie das Geld auf Tagesgeldkonten verwahren. Dazu gehört beispielsweise die Sparda-Bank Berlin oder die Berliner Volksbank, die Geldeinlagen ab 100.000 Euro mit Minuszinsen von -0,4 bzw. -0,5 Prozent belegen. Jenseits des Atlantiks hat die Fed die US-Leitzinsen ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte gesenkt, auf nun 1,5 bis 1,75 Prozent.

ImmobilienScout24-Zinsbarometer: leichter Anstieg


Auf geht's zum Jahresendspurt! Erstmalig seit längerer Zeit sind die Bauzinsen* im Vergleich zum Vormonat wieder ein wenig gestiegen. Die kurzfristigen Darlehen über fünf Jahre steigen um 0,03 Prozentpunkte auf 0,48 Prozent. Die beliebten 10-Jahres-Darlehen blieben jedoch stabil: Sie lagen und liegen bei 0,65 Prozent.

Nach zehn Jahren können alle Baukredite ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden. Das Risiko trägt dazu bei, dass Banken für die Zinsbindung von 15 Jahren eine Zinsschippe drauflegen. Von 0,92 Prozent im letzten Monat stiegen die Zinsen um 0,04 Prozentpunkte auf 0,96 Prozent. Wer sich das Zinsniveau noch länger sichern will, muss in diesem Monat sogar 0,06 Prozentpunkte mehr bezahlen: Bauzinsen mit der langen 20-jährigen Zinsbindungsfrist kosten 1,15 Prozent.



*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  


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Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel


Anleihenaufkaufprogramm: Eine geldpolitische Maßnahme der Europäischen Zentralbank. Sie will Banken dazu veranlassen, Darlehen an Unternehmen und Privathaushalte auszugeben, um die Konjunktur anzukurbeln. Zwischen März 2015 und Dezember 2018 kaufte die EZB in großem Umfang europäische Staats- und Unternehmensanleihen. Ab November 2019 soll das Programm wiederaufgenommen werden.

Geldpolitik: Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Fed: ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.

Leitzinsen: Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.

Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.

Rezession: Eine Phase im Konjunkturzyklus (daneben gibt es noch Aufschwung, Boom und Depression). Man spricht üblicherweise von einer Rezession, wenn sich die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen abschwächt oder zumindest gleichbleibt. 

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