Das Ende der lockeren Geldpolitik

Zinskommentar November 2017: Der Ausstieg aus dem Anleihenaufkaufprogramm der EZB wird sich mittelfristig auch auf die Bauzinsen auswirken. Derzeit entwickeln sich diese noch gleichmäßig – doch wie ist der weitere Trend?


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Das Wichtigste in Kürze:

  • Die EZB leitet das Ende der ultralockeren Geldpolitik ein: Das Anleihenaufkaufprogramm wird halbiert und gleichzeitig verlängert.
  • Trump nominiert Jerome Powell als neuen Fed-Chef.
  • Im Oktober verharren die Zinsen für Immobiliendarlehen auf gleichbleibendem Niveau.

Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels

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In Zeiten niedriger Zinsen, einer gleichzeitig wachsenden Wirtschaft und vehementen Forderungen nach einem Politikwechsel der europäischen Währungshüter, ist jede Zinssitzung so etwas wie ein Krimi. Und es scheint, dass EZB-Chef Mario Draghi Gefallen daran findet, mit einem Wink die Aktienkurse ins Beben zu bringen.

EZB-Geldpolitik — kein kalter Entzug


Draghi wurde immer wieder vorgeworfen, er würde seine ultralockere Geldpolitik dazu nutzen, die Wirtschaft mit Geld wie mit Drogen zu überschwemmen. Wenn dem so wäre, hat er jetzt den Entzug eingeleitet. Aber, wie es seine Art ist, in homöopathischen Dosen. In der EZB-Sitzung am 26. Oktober wurde kein kalter Entzug verkündet, aber immerhin der Anfang vom Ende der lockeren Geldpolitik. Die beiden wichtigsten EZB-Maßnahmen der letzten Jahre waren das höchst umstrittene Anleihenaufkaufprogramm (siehe Kasten) und die Senkung des Leitzinses auf null Prozent. An den Leitzins will Draghi nicht heran, wohl aber an das Anleihenaufkaufprogramm. Aber selbst da ist er eher zögerlich: Das Programm soll bis September 2018 weiterlaufen, also nicht wie erwartet vorher eingestellt werden. Gleichzeitig wird es jedoch halbiert: Statt monatlich 60 Milliarden will die EZB dann nur noch 30 Milliarden Euro in Staatsanleihen und andere Wertpapiere stecken. Die EZB lässt sich selbstverständlich die Option offen, das Volumen jederzeit wieder zu erhöhen, sollte dies nötig sein. Derzeit liegt die Kerninflation der Eurozone immer noch unterhalb der Zielmarke von zwei Prozent – und solange das so ist, lastet auf Draghi kein Druck, etwas zu unternehmen.

Trump nominiert Jerome Powell als neuen Fed-Chef


Die amerikanische Fed ist bereits einen Schritt weiter: Seit Oktober hat sie damit begonnen, die Anleihen aus ihrem Anleihenaufkaufprogramm langsam wieder abzustoßen. Die Fed hatte seit der Finanzkrise Anleihen im Wert von rund 4,5 Billionen Dollar aufgekauft. Auch eine weitere Zinsanhebung des Leitzinses soll es geben – voraussichtlich im Dezember.

Eine andere Frage beschäftigte die Finanzwelt allerdings in den letzten Tagen viel stärker: Wer wird die aktuelle Fed-Chefin Janet Yellen beerben? Ihre Amtszeit geht im Februar 2018 zu Ende. Während des Wahlkampfes ließ Donald Trump kein gutes Haar an ihr. Und obwohl sich die Wogen in den letzten Monaten geglättet haben, steht nun fest, dass sie ein Ticket für eine weitere Amtszeit nicht erhalten wird – zu groß ist der Widerstand in den Reihen der Republikaner: Die vom Demokraten Obama eingesetzte Yellen wird nun einem waschechten republikanischen Kandidaten weichen. In den letzten Wochen gab es gleich mehrere Anwärter für den Posten: Wirtschaftsprofessor John Taylor von der Universität Stanford, Jerome Powell, der bereits im Board der Fed sitzt, Fed-Gouverneur Kevin Warsh und Gary Cohn, Trumps Wirtschaftsberater. Am 02.11. verkündete nun Donald Trump, wen er ins Rennen schickt und nominierte Jerome Powell als künftigen Chef der US-Notenbank. Damit setzte er ein Signal in Richtung geldpolitischer Kontinuität. Powell steht in den USA für eine moderate, vorsichtige Geldpolitik.

Das Anleihenaufkaufprogramm der EZB

Im März 2015 startete die Europäische Zentralbank ein höchst umstrittenes finanzpolitisches Experiment: Sie begann damit, in großem Umfang europäische Staats- und Unternehmensanleihen zu kaufen – bis Januar 2018 in einem Umfang von 60 Milliarden Euro monatlich, danach soll es auf die Hälfte reduziert werden. Sinn der Übung: Die EZB presst Geld in den Markt und will mit dem Anleihenaufkaufprogramm Banken dazu veranlassen, Darlehen an Unternehmen und Privathaushalte auszugeben. Das soll die Konjunktur befeuern und die Inflationsrate erhöhen. Ein Preisverfall, Deflation genannt, würde auch den Wert von Immobilien negativ beeinflussen.


ImmobilienScout24-Zinsbarometer – stabile Seitwärtsbewegungen


Der Ausstieg aus dem Anleihenaufkaufprogramm wird mittelfristig auch einen Einfluss auf die Bauzinsen haben. Derzeit ist davon jedoch noch nichts zu bemerken, wie das ImmobilienScout24-Zinsbarometer* (siehe Diagramm, Stand 21.10.2017) beweist. Hier dominieren seit dem letzten Zinskommentar vor allem Seitwärtsbewegungen. Die Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung stabilisierten sich bei 1,23 Prozent, die Kredite mit fünfjähriger Zinsbindung sanken minimal auf 0,96 Prozent. Auch die langfristigen Zinsbindungen blieben weitgehend stabil: 15-jährige Kredite stiegen leicht auf 1,66 Prozent und die Zinsen mit einer Zinsfestschreibung von 20 Jahren pendelten sich bei 1,83 Prozent ein.

Solange die Zinsen niedrig bleiben, sollten Bauherren unbedingt auf eine möglichst hohe Tilgungsrate achten. „Bei niedrigen Tilgungssätzen erhöht sich die Kreditlaufzeit bis zur vollen Tilgung drastisch auf über 50 Jahre und mehr. Bei extrem langen Laufzeiten nimmt das Gefahrenpotenzial zu“, rät Zinsexperte Prof. Dr. Klaus Fleischer von der Hochschule München. Vor allem deshalb, weil nach dem Ende der Zinsfestschreibung kein vergleichsweise günstiges Angebot gefunden werden könnte.


*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  


Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel


Fed ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.

Geldpolitik: Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.

Leitzinsen: Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.

Seitwärtsbewegung: Von Seitwärtsbewegungen spricht man, wenn sich der Kurs oder die Zinsen weder nach oben noch nach unten bewegen, sondern sich gleichmäßig entwickeln.

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