Zinsen auf dem Weg zur Null


Baudarlehen bald zum Nulltarif?


Das kann sich hören lassen! Unser Zinskommentar als Podcast


Das Wichtigste in Kürze:

  • Brexit und Handelskonflikte bedrohen die Konjunktur – auch Deutschland steht am Rand der Rezession.
  • Die Fed hat ihre Leitzinsen erstmals seit zehn Jahren gesenkt, wie die EZB reagiert, steht noch aus.
  • Im August sanken die Bauzinsen im zweistelligen Nachkommabereich. Der Trend geht weiter abwärts. 

Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels


Die Welt ist ein seltsamer Ort. Da gibt es zwei Staatschefs, die in den letzten Wochen mit höchst originellen Aktionen glänzen konnten – und die Welt schaut kopfschüttelnd zu.  


Heute kann sich Ihr Traum vom Eigenheim erfüllen.





Der Brexit um jeden Preis


Struwwelpeter Boris Johnson, Premier in Großbritannien, sorgte für etwas mehr als nur „raised eyebrows“ bei seinen Landsleuten. Hunderttausende Demonstranten protestieren gegen Johnsons Taschenspielertrick, das Parlament in eine Zwangspause zu schicken – damit diesem weniger Zeit bleibt, den Brexit Ende Oktober zu verhindern. Öffentliche Anfeindungen – wie zuletzt ein nicht ganz jugendfreier Twitter-Post des britischen Schauspielers Hugh Grant, der Johnson als „überbewertetes Badespielzeug aus Gummi“ („over-promoted rubber bath toy“) beschimpfte – perlen an Johnson ab. Geradezu spitzbübisch clever war sein Antrittsbesuch bei Kanzlerin Merkel: Da verband er doch seine Forderung nach Neuverhandlungen des Brexits mit der auf Deutsch dahergesagten Phrase „Wir schaffen das“. Angela Merkel war angesichts dieser Zweckentfremdung ihrer berühmten Formulierung aus Zeiten der Debatte über Geflüchtete „not amused“.  



Der US-chinesische Handelskrieg eskaliert


Der Brexit hält also weiterhin die Welt in Atem. Auch US-Präsident Donald Trump tut sein Möglichstes, um da nicht hintanzustehen. Mal abgesehen von seinem Skandälchen rund um das Ansinnen, Grönland von den Dänen zu kaufen (und dann beleidigt den Staatsbesuch abzusagen), erreichte der Handelskrieg zwischen den USA und China am ersten Septemberwochenende die nächste Stufe der Eskalation. Waren im Wert von mehr als 100 Milliarden US-Dollar sind von der 15-prozentigen Sonderabgabe betroffen. China revanchierte sich umgehend. Immerhin verschob Trump einige Sonderzölle, die nicht nur die Industrie, sondern auch die amerikanischen Verbraucher schädigen werden: Smartphones, Laptops und Kleidung sind erst ab dem 15. Dezember dran – um das Weihnachtsgeschäft nicht zu stark zu belasten, wie es aus Washington hieß.

Ring frei: Trump vs. Fed


Trump gibt damit implizit zu, dass die Strafzölle nicht nur die chinesische, sondern auch die heimische Wirtschaft belasten. Denn: Bereits jetzt schwächelt die amerikanische Konjunktur. Dafür macht der Präsident aber keinesfalls seine Politik verantwortlich. Stattdessen hat er die Fed und ihren Chef Jerome Powell als Sündenbock auserkoren.

Powell kam diesem Wunsch lange Zeit nicht nach, im Juli senkte die Fed dann aber die Leitzinsen doch um einen Viertelprozentpunkt auf einen Korridor von seitdem 2,00 bis 2,25 Prozent. Doch schon Ende August machte Powell deutlich, dass es sich dabei nur um eine kleine Anpassung der Geldpolitik handele und der bewährte Kurs der Fed damit nicht verlassen werde. Im Übrigen sei es nicht die Aufgabe der Fed die US-Wirtschaft schönzurechnen, denn maßgeblich Schuld an der Konjunkturdelle sei die Handelspolitik des US-Präsidenten. Gong. Ring frei zur nächsten Runde.

Noch hält die EZB die Füße still ...


Auch die deutsche Wirtschaft schwächelt – im Schlepptau der schwachen US-Konjunktur, den Unwägbarkeiten des drohenden Brexits und einer allgemein eher mauen Weltkonjunktur. Im zweiten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent. Wiederholt sich die Schrumpfung auch im dritten Quartal, ist Deutschland offiziell in einer Rezession. Die Kerninflation in der Eurozone liegt bei knapp über einem Prozent. Das ist wieder sehr weit vom Ziel entfernt, das die Europäische Zentralbank ansteuert: knapp unter zwei Prozent. In der Zinssitzung Ende Juli 2019 hat die EZB noch die Füße stillgehalten. Ob Sie das weiterhin tun kann, ist eher zweifelhaft. Zinsexperten erwarten eine Wiederaufnahme der Anleihenaufkäufe, aber auch eine Zinssenkung in den negativen Bereich stünde im Raum.

„Zombifizierung“ der Wirtschaft


Das wäre natürlich der Super-GAU für alle Sparer. Der ehemalige EZB-Chefökonom Otmar Issing warnt in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ vor der Verwässerung von Altersvorsorge und Sparplänen und einer gleichzeitigen „Zombifizierung“ der Wirtschaft: „Durch den niedrigen Zins werden schwache Banken wie Untote künstlich am Leben gehalten, diese wiederum verlängern mit ihren Krediten das Leben schwacher Unternehmen“, erläutert er das Dilemma.


In Dänemark gibt es Baukredite schon zum Nulltarif


So unerfreulich die gesamtwirtschaftliche Situation ist, so angenehm gestaltet sie sich für Bauherren, die jetzt eine Baufinanzierung benötigen. Gibt es bald Baudarlehen gar zum Nulltarif? In Deutschland wird dies von den Experten verneint. In Dänemark bieten aber bereits zwei Banken Kredite zum Nulltarif an, für bestimmte Darlehen sogar zu Negativzinsen.


ImmobilienScout24-Zinsbarometer: Tiefstand!


Wer diesen Zinsbericht regelmäßig liest, weiß: Seit Monaten wird Baugeld immer günstiger. Auch der August ist dabei keine Ausnahme. Die Zinsen fallen sozusagen ins Sommerloch (Stand 31.08.2019). Kurzfristige Darlehen verbilligen sich im Vergleich zum letzten Zinsbericht um 0,08 Prozent auf jetzt 0,50 Prozent.

Bei den Krediten über zehn Jahre ließen die Zinsen noch mehr Federn: Um ganze 0,15 Prozent ging es hinab auf 0,65 Prozent. Bei den 15-jährigen Krediten ging es um satte 0,20 Prozent abwärts und die Ein-Prozent-Marke wurde erstmals in diesem Jahr unterschritten: Der Zähler steht bei aktuell 0,95 Prozent. Auch die langfristigen Kredite mit 20-jähriger Zinsbindung gingen um 0,18 Prozent zurück auf nur noch 1,19 Prozent.



*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  


Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel


Bruttoinlandprodukt bezeichnet den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft produziert werden. Es ist das Maß für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft. 

Geldpolitik: Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Fed: ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.

Leitzinsen: Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.

Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.

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