Kurzfristige Hypothekendarlehen auf Tiefstand des Jahres


Das Wichtigste in Kürze

  • Die EZB belässt den Leitzins bis mindestens in den Sommer 2019 hinein bei Null Prozent.
  • Die überraschende Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und der EU reduziert das Risiko für die gute Konjunktur in Europa.
  • Im Juli sind die Bauzinsen für Darlehen mit fünf- und zehnjähriger Zinsbindung weiter gesunken. Bei den kurzfristigen Darlehen erreichten sie den Tiefstand vom Jahresbeginn.

 


Schon nach 42 Minuten war alles vorbei: EZB-Chef Mario Draghi hatte bei der monatlichen Sitzung zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank Ende Juli seine Entscheidungen vorgetragen, die Journalisten hatten ein paar Fragen gestellt, aber etwas Neues kam dabei nicht heraus. Launiger Kommentar von Uwe Burkert, dem Chefvolkswirt bei der LBBW: "Man hätte dem EZB-Rat heute auch hitzefrei geben können. In allen wesentlichen Punkten waren die Erklärungen mit den vorherigen praktisch identisch." So bleibt der Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld, wie seit März 2016, auf dem Rekordtief von Null Prozent. Außerdem bekräftigten die Währungshüter, das vor allem in Deutschland umstrittene Anleihenaufkaufprogramm bis zum Jahresende einzustellen. Jedenfalls unter der Voraussetzung, dass die Konjunktur weiter mitspielt.


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Überraschende Wende im Handelsstreit zwischen USA und EU


Und dafür haben sich die Bedingungen verbessert. Denn Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission und Haudegen der europäischen Politik, hatte kurz vor der Sitzung der EZB erreicht, was kaum einer für möglich gehalten hatte: ein Einlenken von Donald Trump bei seinem aktuellen Lieblingsthema – den Zöllen im Handel mit der Europäischen Union. Junckers „Mischung aus Schnoddrigkeit und Kumpelhaftigkeit“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb, war offenbar die richtige Tonlage, um den US-Präsidenten vor allem von den befürchteten Zöllen auf deutsche Autos abzubringen. Das Aufatmen darüber war in Politik, Wirtschaft und Presse geradezu körperlich spürbar. Auch Mario Draghi kommentierte wohlwollend das „gute Zeichen“. Er freue sich, dass man nun über den Abbau von Handelsschranken multilateral sprechen wolle. Für eine Beurteilung von Details sei es allerdings noch zu früh. Was er nicht sagte, aber womöglich gedacht hat: Zumal ein Donald Trump ja jederzeit für Überraschungen gut ist.



Trump kritisiert die Fed – ein bisher einmaliger Vorgang


Tatsächlich hatte der einige Tage zuvor, wie immer auf Twitter, ein weiteres Tabu gebrochen und die Zinserhöhungen der amerikanischen Zentralbank kritisiert. Dabei gilt die Unabhängigkeit der Zentralbanken als zentrale Voraussetzung einer funktionierenden Geldpolitik. Was Trump ärgerte: Die Fed hatte, anders als die EZB, erneut die Leitzinsen angehoben. Ein Schritt, der den Dollar gegenüber dem Euro stärkt und damit die Exporte amerikanischer Firmen nach Europa verteuert. Dass aber ein Präsident die Zentralbank seines Landes kritisiert, ist ein absolutes No-Go. Oder war es bisher. Und natürlich hatte Trump auch in Richtung EZB gepoltert, dass sie mit ihrer Zinspolitik den Euro künstlich billiger mache. Beobachter hatten schon gefürchtet, Mario Draghi und seine Null-Zins-Politik könnten unter Druck kommen. Draghi zeigte sich unbeeindruckt.

Die Unabhängigkeit der Zentralbanken

... gilt als wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende Geldmarktpolitik. Dank ihrer Stellung kann die Zentralbank unabhängig von Weisungen von Regierung oder Parlament agieren und das Ziel der Preisstabilität verfolgen. Immer wieder in der Vergangenheit haben Politiker versucht, die Preisstabilität zu untergraben, um etwa die Kosten einer Staatsverschuldung zu senken oder mithilfe einer steigenden Inflation kurz vor Wahlen einen kurzfristigen Wirtschaftsaufschwung zu ermöglichen. Aufgrund der gesetzlich festgeschriebenen Unabhängigkeit ist dem in der EU, aber auch in den USA, ein Riegel vorgeschoben.

Immobilienkäufer sollten jetzt eine Strategie entwickeln


Mit der Zusicherung der EZB, den Leitzins noch mindestens ein weiteres Jahr bei Null Prozent zu belassen, haben auch potenzielle Bauherren und Immobilienkäufer weiter Planungssicherheit – jedenfalls eine Weile. Entspannt zurücklehnen sollten sie sich nicht. Denn ein Immobilienkauf, erst recht ein Hausbau, ist nun einmal nicht in drei Wochen in trockenen Tüchern. Zeit also, eine Strategie zu entwickeln. Für den Kauf von Wohneigentum wie für dessen Finanzierung. „Wir beobachten, dass unsere Kunden die historisch niedrigen Zinsen nutzen, um deutlich höher zu tilgen und so schneller ihr Kreditvolumen zu senken", sagt Stefan Kohler, Fachbereichsleiter bei der Allianz Baufinanzierung. Der Zeitpunkt für diese Strategie ist auf Basis der EZB-Prognose derzeit optimal. Allerdings kündigten Experten bereits an, dass die Hypothekenzinsen schon vor dem Leitzins der Zentralbank wieder deutlich ansteigen könnten. Wichtiger Indikator hierfür: Die Rendite der Bundesanleihen. Steigt sie, steigen auch die Zinsen.


ImmobilienScout24-Zinsbarometer: im Juli noch niedriger


In den vergangenen vier Wochen haben sich die Zinsen für Immobilienfinanzierungen im ImmobilienScout24-Zinsbarometer* erneut verbilligt – allerdings nur bei den kürzeren Zinsbindungsfristen (siehe Diagramm, Stand 28.07.2018).

Die Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung gaben um 0,03 Prozent nach und liegen nun bei 1,25 Prozent. Für kurzfristige Kredite mit fünfjähriger Zinsbindung war selbst die Ein-Prozent-Marke keine Barriere: Die Konditionen verbilligten sich um 0,09 Prozentpunkte und betragen nun 0,95 Prozent – so niedrig wie bei Jahresbeginn. Auf demselben Stand wie vor einem Monat verharren dagegen die 15-jährigen Kredite: Sie notieren bei 1,63 Prozent. Dasselbe gilt für die sehr langfristigen Zinsen mit einer Zinsfestschreibung von 20 Jahren. Auch sie liegen stabil bei 1,85 Prozent.


*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  


Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels

Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel


 

Anleihenaufkaufprogramm: Seit März 2015 kauft die EZB in großem Umfang europäische Staats- und Unternehmensanleihen. Sie will Banken dazu veranlassen, Darlehen an Unternehmen und Privathaushalte auszugeben, um die Konjunktur anzukurbeln.

Geldpolitik Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Bundesanleihe: von der Bundesrepublik Deutschland ausgegebene, börsengehandelte Schuldverschreibung. Sie besitzt einen festen Nennwert. Ihre Ausgabepreise können schwanken, die Rückzahlung erfolgt am Ende der Laufzeit immer zum Nennwert.

Fed: ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.

Leitzinsen Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.

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