Herrliche Zeiten für Bauherren
Das kann sich hören lassen! Unser Zinskommentar als Podcast
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Nullzins der EZB scheint wie festzementiert.
- Die Fed hat ihren Leitzins eingefroren: In der amerikanischen Wirtschaft kriselt es.
- Für Bauherren sind es herrliche Zeiten: Die Zinsen sanken im April erneut.
Wenn es nach US-Präsident Donald Trump geht, ist die Fed eine Frechheit. Eine so einflussreiche Institution sollte doch eigentlich gar nicht unabhängig von seinen Weisungen sein. Ist sie aber. Also versucht er immer wieder, die Fed unter Druck zu setzen oder seine Vertrauten dort zu platzieren
Trumps Wunschkandidaten für die Fed: Sie wollen oder dürfen nicht
Aktuell sind zwei Posten im Führungsgremium der Fed neu zu besetzen. Für beide hat Trump natürlich Freunde und Vertraute ins Spiel gebracht. Der eine ist Herman Cain, der als enger Freund Trumps und eifriger Spendensammler für seine Kandidatur im Senat nicht wohl gelitten ist. Aber wie sich dann herausstellte, wollte er den Job auch gar nicht, weil ihm der Maulkorb, den er als Fed-Mitglied bekäme, so gar nicht in den Kram passt. Möglicherweise würde Trump ähnlich reagieren, wenn man ihm seinen Twitter-Account sperren würde. Der andere Wunschkandidat heißt Stephen Moore und wurde innerhalb des Kongresses wegen sexistischer Äußerungen angegangen und für ungeeignet erklärt. Mit diesen Vorwürfen sah sich übrigens auch Cain konfrontiert...
Die Fed macht eine Zinspause
Geldpolitisch verfolgte die Fed in der jüngsten Vergangenheit einen ähnlichen Kurs wie die Europäische Zentralbank (EZB). Ende März stellte sie keine weiteren Zinsanhebungen für 2019 in Aussicht. Inflation und Wirtschaftswachstum machten in den USA jüngst einen Knick, sodass die Geldmenge nicht weiter reduziert werden sollte. Nach immerhin neun Zinsanhebungen der Leitzinsen innerhalb der letzten drei Jahre auf zuletzt 2,25 bis 2,5 Prozent kam diese Ankündigung für viele Marktbeobachter überraschend.
Neuigkeiten vom Nullzins-Präsidenten
EZB-Präsident Mario Draghi wird in diesem Herbst den Chefposten bei der EZB verlassen. Dann wird er als Nullzins-Präsident in die Chronik des Instituts eingehen: als einer, der die Zinsen nie angehoben hat. Eigentlich sollte die Zinsanhebung 2019 kommen, aber davon ist inzwischen keine Rede mehr. In der jüngsten Sitzung Mitte April wurde beschlossen, das Nullzins-Niveau bis mindestens Ende 2019 beizubehalten.
Offenbar sieht man bei der EZB für eine Rezession derzeit noch keine allzu ernsten Anzeichen. Die Strafzinsen für Banken, die Geld bei der EZB parken, wird weiterhin bei 0,4 Prozent liegen.
Bauzinsen bleiben niedrig
Bauherren, die jetzt eine Finanzierung auf die Beine stellen wollen, dürfen sich weiterhin freuen. Handelsstreit und die Brexit-Querelen schüren Unsicherheiten. Und wer unsicher ist, sucht für sein Geld einen sicheren Hafen – wie die zehnjährigen Bundesanleihen. Und diese sind ein guter Indikator für die Entwicklung der Baudarlehen, die von Banken meist über Pfandbriefe refinanziert werden.
Nach kurzer Erholung sank die Rendite der Bundesanleihen Ende April wieder in den negativen Bereich. Um es salopp zu formulieren: Die Anleger zahlen dem deutschen Staat etwas dafür, dass sie ihm Geld leihen dürfen. Schlechte Nachrichten und Wirtschaftsmeldungen sind derzeit noch gute Nachrichten für Finanzierer - sie drücken die Zinsen weiter.
Wie finanziert Deutschland?
Die aktuell niedrigen Zinsen machen es möglich: Die Deutschen verschulden sich in beträchtlichem Umfang, um ihre Wunschimmobilie zu kaufen. Die Deutschlandkarte zeigt, wie hoch der Verschuldungsgrad je nach Marktlage ist. Die günstigen Zinsen haben gleich mehrere Folgen: Einerseits verabreden Bauherren eine besonders lange Zinsbindung, andererseits sind Forward-Darlehen relativ unbeliebt: Die Bauherren glauben also eine anhaltend niedrige Zinsphase.
ImmobilienScout24-Zinsbarometer: Zinsen sinken oder bleiben gleich
Auch im April sind die Bauzinsen unseres Zinsbarometers stabil geblieben bzw. weiter gesunken (siehe Diagramm, Stand 27.04.2019). Die 5-jährigen Zinsen fielen um 0,02 Prozentpunkte auf jetzt 0,78 Prozent. Hier scheint also immer noch Luft nach unten zu sein.
Die Kredite mit 10-jähriger Zinsbindung verharrten konstant auf der 1,05-Prozentmarke. Die 15-jährigen Kredite notierten zuletzt bei 1,40 Prozent. Auch die langfristigen Kredite mit 20-jähriger Zinsbindung liegen auch Ende April bei 1,62 Prozent.
*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.
Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels
Geldpolitik Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.
Bundesanleihen sind börsengehandelte Schuldverschreibungen, die von der Bundesrepublik Deutschland ausgegeben werden. Ihr Kurs ist ein wichtiger Indikator für die Entwicklung von Immobiliendarlehen.
Fed: ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.
Leitzinsen: Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.
Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.
Irrtum vorbehalten