Euro-Krise 2.0
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Anmelden / RegistrierenDie Europäische Zentralbank hat wie erwartet den Ankauf von Anleihen in großem Umfang beschlossen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme ist umstritten.
Als die Europäische Zentralbank (EZB) heute den Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen bekannt gab, war dies keine Überraschung mehr. Die Märkte waren lange darauf vorbereitet. Überraschend hoch war aber dann mit über 1.100 Milliarden das Volumen des Ankaufprogramms. Ein nicht ganz unwesentliches Detail ist auch, dass die EZB die Ankäufe nicht alleine, sondern gemeinsam mit den nationalen Notenbanken vornehmen wird. Trotz national unterschiedlicher Ansichten sind die Notenbanken offensichtlich noch zu gemeinsamen Handeln in der Lage.
Umstritten ist allerdings, was mit diesem Programm noch erreicht werden kann. Sicherlich werden die Zinsen für Staatsanleihen ebenso sinken wie die langfristigen Zinsen für Kredite an Unternehmen und Privatpersonen. Die Hoffnung der EZB ist, dass diese verstärkt konsumieren und investieren, wodurch Konjunktur und Inflation ansteigen sollen.
Jedoch wird kein Unternehmer bei dem derzeitigen Zinsniveau seine Investitionsentscheidungen von weiteren Zinssenkungen abhängig machen. Allerdings haben viele Unternehmen vor allen in den südeuropäischen Ländern ein Problem, überhaupt einen Kredit zu bekommen. Die Lösung soll wie folgt funktionieren: Die Banken in ganz Europa werden die Gelegenheit wahrnehmen, sich von zum Teil riskanten Staatsanleihen zu trennen. Das dadurch eingenommene Geld werden sie bald wieder investieren müssen, da sie bei der EZB für Guthaben Strafzinsen bezahlen müssen. Falls die Banken daraufhin verstärkt Kredite an Unternehmen vergeben, könnte der Plan der EZB tatsächlich aufgehen.
Zusätzlich wird in Folge der niedrigeren Zinsen eine Anlage in Euro weniger attraktiv, d. h. die Anleger werden Euro verkaufen, um zu höheren Zinsen beispielsweise in Dollar zu investieren. Hierdurch sinkt der Wechselkurs, was schon heute an den Börsen zu beobachten war. Europäische Waren und Dienstleistungen werden dadurch im Ausland billiger, was die Konjunktur in Europa stimulieren soll. Zudem werden umgekehrt Importe teurer, was einzelne Branchen zwar auch belastet, jedoch die (importierte) Inflation wie gewünscht erhöht.
Von vielen Marktteilnehmern und Wissenschaftlern wird aber bezweifelt, dass dies so funktionieren wird. Stattdessen werden sich Staaten billiger refinanzieren können, was die Dringlichkeit von Strukturreformen reduziert und damit die Lösung der Finanzkrise weiter verschleppt.
Die erwartete Maßnahme der EZB hat offensichtlich erneut für sinkende Zinsen gesorgt. Und im Gegensatz zur Festsetzung der Leitzinsen hat das nun bekannt gegebene Programm auch direkt Auswirkungen auf das Niveau der langfristigen Zinsen.
Die Zinsen für fünfjährige Bindungen sind von 1,20 auf 1,10 Prozent gefallen. Die Konditionen für zehnjährige Verträge haben von 1,57 auf 1,45 Prozent nachgegeben. Zinsen für zehnjährige Festschreibungen sind von 1,97 Prozent auf 1,90 Prozent gesunken.
Die EZB beabsichtigt das nun aufgelegte Programm zum Ankauf von Anleihen bis September 2016 durchzuführen. Solange die Inflationsrate nicht deutlich ansteigt, werden daher auch die langfristigen Bauzinsen niedrig bleiben. Von der Gefahr steigender Zinsen sind wir daher im Moment so weit entfernt wie nur irgend möglich.