Macron siegt, Trump schmollt – Bauzinsen bleiben stabil
Zinskommentar Juni 2017
Macrons Wahlsieg sorgt für politische Entspannung in Europa. US-Präsident Trump hingegen wettert
gegen die Zinsentscheidungen der US-Notenbank. Die Bauzinsen in Deutschland bleiben stabil.
Das Wichtigste in Kürze:
- Macrons Wahlsieg sorgt für Finanzmarktstabilität in der Eurozone.
- Leitzinsen in den USA bleiben konstant, EZB behält Niedrigzinspolitik bei.
- Baufinanzierungszinsen bleiben mittelfristig stabil.
- Tipp: Hohe Anfangstilgung wirkt als Baufinanzierungsturbo.
Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels
Liberté, Égalité, Fraternité: Ganz Europa atmete auf, als Emmanuel Macron als neuer französischer Präsident feststand. Nach dem Brexit und dem eher mäßigen Start der Beziehung zu Donald Trump war dies das erhoffte positive Signal: kein Rechtsruck in Frankreich, sondern politische und vor allem europafreundliche Stabilität. Nach Macrons Sieg schwang sich der Euro auf 1,10 US-Dollar, den höchsten Wert seit November 2016. Macron will die französische Wirtschaft nachhaltig stärken – wovon die gesamte Eurozone profitieren kann. Allerdings muss er dafür noch eine Hürde nehmen: Er braucht eine Mehrheit im Parlament, um seine Reformen auch umsetzen zu können. Mitte Juni wissen wir mehr.
Seit Monaten schauen Finanzakteure mit nervösem Blick auf das Ergebnis jeder Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB). Wird es eine Erhöhung der Leitzinsen geben, wird sich die europäische Geldpolitik ändern? Doch das Hoffen und Bangen führt bisher zu keiner Erhöhung der Zinsen – was für Sparer ein schlechtes, für Bauherren ein gutes Signal ist. Ein Kriterium der EZB, die Leitzinsen wieder anzuheben, ist die Steigerung der Inflationsrate in der Eurozone. In Deutschland schnellte diese im April auf 2,0 Prozent – und das ist eigentlich der Zielwert der EZB. Allerdings interessiert sie vor allem die Kerninflation, und die liegt noch immer unter der Zweiprozentmarke: in der Eurozone im April bei 1,2 Prozent (Quelle: Eurostat).
Werfen wir einen Blick in die USA: Präsident Donald Trump schmollt. Das ist nichts Besonderes, vor allem wenn es um sein Lieblingsthema geht: die amerikanische Wirtschaft und deren Handelsbilanzdefizit mit anderen Ländern. Während seiner ersten Auslandsreise verunglimpfte er Deutschland und schob nach der Rückkehr noch einen nach. Er twitterte am 30. Mai 2017:
„Wir haben ein massives Handelsdefizit mit
Deutschland, plus sie zahlen viel weniger für die Nato
und das Militär, als sie sollten. Sehr schlecht für
die USA. Das wird sich ändern.“
Und damit es sich ändert, so mutmaßen Experten, wird er an allen Stellschrauben drehen. Zum Beispiel an den Entscheidungen der amerikanischen Notenbank Fed.
Die Fed hat im Jahr 2017 mehrmals die Leitzinsen angehoben, zuletzt auf 0,75 bis 1,00 Prozent. Zu diesem Zinssatz können sich die amerikanischen Banken gegenseitig Geld leihen. Trump wandte sich immer wieder offen gegen die Fed und verlangte, die Zinsen nicht weiter zu erhöhen. Warum? Der Dollar würde damit stärker und amerikanische Exportwaren im internationalen Handel teurer. Im Gegenzug werden Importe günstiger, was das von Trump erwähnte Handelsbilanzdefizit noch verstärken könnte. „Ich mag Niedrigzinspolitik“, winkte der Präsident in der Vergangenheit immer wieder mit dem Zaunpfahl. Tatsächlich verzichtete die Fed in ihrer letzten Sitzung auf eine weitere Erhöhung der Leitzinsen. Sie deutete diese Möglichkeit aber bereits für Juni oder September an.
Was ist ein Handelsbilanzdefizit?
Der Begriff beschreibt eine wirtschaftliche Situation, in der ein Land mehr Waren importiert, als es exportiert. Der Warenwert der exportierten Güter wird vom Warenwert der importierten Güter abgezogen. Die gegenteilige Situation nennt man Handelsbilanzüberschuss. Im Fall der USA gibt es mehrere Gründe, die zum Handelsbilanzdefizit geführt haben können. Einige davon: Ein hohes Wirtschaftswachstum führte in der Vergangenheit zu einer starken Nachfrage der Amerikaner – insbesondere nach ausländischen Waren. Da die Exporte aus den USA nicht in gleichem Maße gewachsen sind, führte dies unter anderem zu einem Ungleichgewicht in der Handelsbilanz. Dies wird durch einen starken Dollar noch gefördert, weil er amerikanische Waren teurer und Importe günstiger macht. Das Handelsdefizit der USA ist keine neue Situation, es besteht schon seit vielen Jahren. Im Jahr 2016 betrug das Handelsbilanzdefizit der USA rund 796,7 Milliarden US-Dollar, lag in den Jahren 2006 bis 2008 aber sogar bei über 870 Milliarden US-Dollar. (Quelle: Statista/WTO).
Die aktuelle Zinsentwicklung ermöglicht Bauherren weiterhin günstige Konditionen für den Erwerb ihres Wunschobjektes. Das ImmobilienScout24-Zinsbarometer* (siehe Diagramm) registriert aktuell 1,22 Prozent für Darlehen bei einer 10-jährigen Zinsbindung (Stichtag: 27.5.2017). Das ist ein leichter Rückgang um 0,03 Prozent im Vergleich zu Ende März. Die Zinsen für eine 20-jährige Bindungsfrist sind im Vergleich zum Jahresanfang deutlicher gestiegen: von 1,75 auf 1,89 Prozent.
In der aktuellen Situation gilt als guter Rat, eine möglichst lange Zinsfestschreibung zu wählen. Eine hohe Anfangstilgung ist ein regelrechter „Baufinanzierungsturbo“: Wer schneller schuldenfrei ist, minimiert sein Risiko, eine teurere Anschlussfinanzierung finden zu müssen. Außerdem sollten Bauherren vor allem auf Optionen für Sondertilgungen und Tilgungsänderungen achten, um das Darlehen flexibel bedienen zu können.
*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.
Brexit
Ein Kunstwort aus den beiden Begriffen „Britain“ und „Exit“. Es bezeichnet den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. Auf einem Referendum im Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten dafür, aus der EU auszutreten.
Fed ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.
Geldpolitik
Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.
Kerninflation
Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.
Irrtum vorbehalten