Bauzinsen legen im Februar weiter zu
Zinskommentar März 2018: Geldpolitische Zinswende steht noch aus.
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Personalpolitik bei der Europäischen Zentralbank nährt die Hoffnung, dass 2019 vielleicht ein Deutscher neuer Chefbanker wird.
- Die Inflationsrate im Januar entfernet sich erneut vom Zwei-Prozent-Ziel: Die geldpolitische Zinswende rückt damit in die Ferne.
- Auch im Februar haben sich Immobilienkredite erneut verteuert.
Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels
Personalspekulationen sind toll: Man kann sich herrlich ereifern und dabei wunderbar von den eigentlichen Sachfragen ablenken. Nicht nur die Ministerposten der sich formierenden Bundesregierung sorgten in den vergangenen Wochen für Erregung und einigen Unmut. Auch bei den Währungshütern der Europäischen Zentralbank (EZB) sind Personalspekulationen an der Tagesordnung. Ende Mai wird die Position des aktuellen EZB-Vizepräsidenten frei: Die EU-Finanzminister nominierten kürzlich den Spanier Luis de Guindos für den Posten.
Das hat unter Umständen Auswirkungen auf die Wahl des EZB-Chefs. Mario Draghi muss seinen Posten im Herbst 2019 räumen. Wenn jetzt ein Südeuropäer den Vize stellt, dann wird, so will es die Tradition, die Position des Präsidenten mit einem Nordeuropäer besetzt. Das könnte ein Deutscher sein: Hoch gehandelt wird der 49-jährige Jens Weidmann, seines Zeichens Chef der Deutschen Bundesbank. Derzeit ist er ein Falke und ein Gegenspieler der expansiven Geldpolitik von Mario Draghi, der als Taube gilt.
Falken und Tauben: tierisches Personal bei der EZB
Mit den „tierischen“ Begriffen „Falken“ und „Tauben“ werden Akteure der Geldpolitik belegt. Beide Vergleichswörter stehen für gegensätzliche Verhaltensweisen bzw. Strategien. Tauben (engl. „Doves“) betreiben eine expansive Geldpolitik. Das bedeutet, sie wollen viel Geld in die Wirtschaft pumpen, um sie zu stimulieren. Tauben sorgen deshalb für geringe Leitzinsen, sie agieren „dovish“. Der aktuelle EZB-Präsident Mario Draghi gilt als eine solche Taube. Falken (engl. „Hawks“) stehen für eine restriktive Geldpolitik: Weniger Geld im Umlauf soll die Inflation niedrig halten. Daher erhöhen sie die Leitzinsen: Sie agieren „hawkish“. Der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, gilt als Gegenspieler Draghis. Sollte er dessen Nachfolger werden, wird dann also ein „Falke“ die Geschicke der Zentralbank lenken.
Solange Draghi noch der Chef ist, ändert er nichts an seiner Geldpolitik. Die Leitzinsen verharren bei null Prozent. Das Anleihenaufkaufprogramm wird in reduziertem Umfang planmäßig bis September 2018 weiterlaufen. Kritik daran gibt es auch wieder aus den eigenen Reihen: Aus den Protokollen der EZB-Januarsitzung, die Mitte Februar veröffentlich wurden, geht hervor, dass einige Ratsmitglieder gegen eine erneute Ausweitung des Anleihenaufkaufprogramms seien. Die nächste Zinssitzung ist Anfang März –was dann verkündet wird, steht noch in den Sternen. Die von der EZB angestrebte Kerninflation von knapp zwei Prozent ist im Januar wieder großzügig unterschritten worden (1,3 Prozent gemäß Eurostat).
War da noch etwas? Ja, und ob. Eine Krise im lettischen Bankensektor: Der Chef der lettischen Zentralbank, Ilmārs Rimšēvičs, wurde von der baltischen Anti-Korruptionsbehörde bezichtigt, Bestechungsgeld in Höhe von 100.000 Euro angenommen zu haben. Kurzzeitig wurde er inhaftiert, kam dann aber gegen Kaution wieder frei. Es besteht ein Amtsausübungsverbot. Rimšēvičs ist der dienstälteste Zentralbankchef der Eurozone: Seit 2001 steht er an der Spitze der Bank von Lettland. Er selbst bekundete, dass die Vorwürfe ein Komplott lettischer Banken gegen ihn seien. Lettlands Verteidigungsministerium setzte dem Ganzen noch eins drauf: Es handele sich „sehr wahrscheinlich um eine weitreichende Informationskampagne von außerhalb“. Mit anderen Worten: Ein fremder Staat habe das Thema hochgespült, um, so mutmaßt man, das Vertrauen in Lettland zu erschüttern.
Als ob das nicht schon ausreichen würde, verstrickte sich die lettische ABLV-Bank in einen Geldwäscheskandal. Die US-Finanzbehörden brachten den Stein ins Rollen: Sie bezichtigte die lettische Bank, Sanktionen gegen Nordkorea zu unterlaufen. Die Strafe: Der Zugang zum US-Finanzsystem wurde gekappt. Anleger zogen daraufhin rund 600 Millionen Euro ab. Trotz Finanzstützen durch die lettische Zentralbank, konnte die ABLV-Bank ihre Verpflichtungen nicht erfüllen. Am 24.2. schließlich schritt die EZB ein und verfügte die Schließung und Abwicklung der Bank.
Auch wenn die Leitzinsen weiterhin niedrig bleiben, rumort es im Markt für Baufinanzierungen. Neben der Geldpolitik der EZB spielt hierfür auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen eine Rolle. Sie ist im vergangenen Jahr um rund 260 Prozent gestiegen – von 0,20 auf knapp 0,70 Prozent des Nennwertes. Das zeigt die Tendenz an, auch wenn die realen Werte immer noch sehr niedrig sind.
Alle Baukredite haben sich seit dem letzten Zinskommentar verteuert, wie das ImmobilienScout24-Zinsbarometer* zeigt (siehe Diagramm, Stand 17.02.2018). Die Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung stiegen auf 1,30 Prozent, die Kredite mit fünfjähriger Zinsbindung haben die Ein-Prozent-Marke geknackt und notieren auf 1,05 Prozent. 15-jährige Kredite haben mit 1,74 Prozent ihren Höchststand der vergangenen 12 Monate erreicht. Die Zinsen mit einer Zinsfestschreibung von 20 Jahren verteuerten sich auf aktuell 1,86 Prozent.
*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmobilienScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellter, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.
Anleihenaufkaufprogramm: Seit März 2015 kauft die EZB in großem Umfang europäische Staats- und Unternehmensanleihen. Sie will Banken dazu veranlassen, Darlehen an Unternehmen und Privathaushalte auszugeben, um die Konjunktur anzukurbeln.
Nennwert Es handelt sich um den Schuldbetrag, den der Schuldner einer Anleihe seinem Gläubiger auszahlen wird, wenn die Anleihe fällig wird.
Bundesanleihe: von der Bundesrepublik Deutschland ausgegebene, börsengehandelte Schuldverschreibung. Sie besitzt einen festen Nennwert. Ihre Ausgabepreise können schwanken, die Rückzahlung erfolgt am Ende der Laufzeit immer zum Nennwert.
Fed ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.
Geldpolitik Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.
Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.
Leitzinsen Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.
Irrtum vorbehalten