Alles unsicher, Zins ist sicher
13. Februar 2015 – Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian
Die globalen Ereignisse drängen die Dauerkrise der Eurozone in den Hintergrund. Dadurch werden die Probleme aber nicht unwichtiger.
Ein Kommentar in der Zeit bezeichnet die Ereignisse der letzten Wochen und Monate treffend als eine „Hochdruckkammer“, in der sich „Gegenwart zu Geschichte“ verdichtet. Ukraine-Krise, Syrien-Krieg und Islamischer Staat, islamistischer Terror in Europa und eine Reihe von weiteren Konfliktherden und Katastrophen, welche die Öffentlichkeit kaum noch wahrnimmt: Arabischer Frühling, Boku Haram, Fokushima etc. Die aktuelle Eurokrise mutet sich da in der Tat wie ein nebensächliches Problem an. Die Politik könnte mit vollem Recht sagen, dass sie im Moment Wichtigeres zu tun habe. Glücklicherweise tut sie das aber nicht. Das wäre auch fatal, denn die aktuellen Vorgänge zeigen deutlich, dass die Eurokrise mit all ihren Risiken noch immer existent ist. Neben dem Entschluss der Europäischen Zentralbank zur weiteren Geldvermehrung wird erneut der Verbleib Griechenlands in der Europäischen Währungsunion in Frage gestellt – und die Schweizerische Nationalbank hat sich von der Bindung an den Euro verabschiedet.
Akute Auswirkungen für Immobilienfinanzierungen hat vor allem die Entscheidung der Schweizerischen Zentralbank – allerdings nur für die Unglücklichen, die sich von Ihrer Bank eine Finanzierung in Schweizer Franken haben verkaufen lassen. Insbesondere in Osteuropa haben viele Hausbesitzer aufgrund der (noch) niedrigeren Zinsen ein Darlehen in Schweizer Franken aufgenommen. Dieses ist nun auf einmal um 20 Prozent in die Höhe geschossen, was für viele private Haushalte, aber auch für einige Immobilienfonds ein existenzielles Problem darstellt.
Aus ökonomischer Perspektive ebenso wie aus Sicht der Verbraucherschützer ist ein Fremdwährungsdarlehen immer ein Unding. Es macht wenig Sinn, eine ohnehin riskante Immobilienanlage durch ein Währungsrisiko noch riskanter zu machen. Anleger waren sich allerdings meist nicht bewusst, dass sie mit dieser Konstruktion ihre Immobilienanlage auch durch eine Währungsspekulation finanzieren. Wahrscheinlich werden wir in den nächsten Monaten eine Reihe von Klagen gegen Finanzinstitute wegen Beratungsfehlern beobachten können.
Die anderen Ereignisse sind bedeutsam, aber nicht geeignet, akute Änderungen zu bewirken. Die Ankündigung einer erneuten Ausweitung der Geldmenge durch die EZB kam weder überraschend, noch werden hiervon kurzfristig wesentliche Impulse auf die Real- und Finanzmärkte ausgehen. Auch die Diskussion um einen möglichen Ausstieg Griechenlands aus dem Europäischen Währungssystem versetzt niemanden, auch nicht die Finanzmärkte, in Aufregung. Zum einen sind die Finanzsysteme nun besser aufgestellt. Zum anderen ist dieser Problemfall mittlerweile so lange bekannt, dass potentielle Risiken von allen Marktteilnehmern einkalkuliert werden. Dennoch ist es beruhigend zu erleben, dass sich die beteiligten Institutionen politisch nicht unter Druck setzen lassen. Aus ökonomischer Sicht ist das Reformpaket allerdings alles andere als unumstritten.
Das einzig überraschende an der Zinswicklung der letzten Wochen ist nur, dass die Zinsen offensichtlich immer noch weiter sinken konnten. Die Zinsen für fünfjährige Bindungen sind von 1,20 auf 1,10 Prozent gefallen. Die Konditionen für zehnjährige Verträge haben von 1,57 auf 1,40 Prozent nachgegeben. Zinsen für zehnjährige Festschreibungen sind von 1,97 Prozent auf 1,80 Prozent gesunken.
Ökonomische Gründe für einen konjunkturell bedingten Anstieg der Zinsen bestehen derzeit nicht. Können jedoch die Zinsen noch weiter sinken? Die ehrliche Antwort hierauf wäre, dass dies niemand sagen kann. Meine persönliche Meinung hierzu ist, dass die Margen der Banken mittlerweile so knapp geworden sind, dass auch bei weiter sinkenden Marktzinsen – sozusagen der Einkaufspreis der Banken – die Bauzinsen für die Endverbraucher nun nicht weiter sinken können. Das wahrscheinlichste Szenario ist demnach eine Seitwärtsbewegung der Zinsen. Das habe ich allerdings in den letzten Monaten auch angenommen.